Fünf Elemente to go

„Es hat 200 Jahre gedauert, bis eine Frau Urologin werden konnte. Aber es hat nur zwei Jahre gedauert, bis meine Frau wieder in der Küche stand. Und das auch noch freiwillig.

Dieser wunderbar ironische Satz stammt von leider verstorbenen Mann der Wiener Ärtzin Andrea Scholdan. Wie es tatsächlich dazu kam, dass eine der ersten Urologinnen Österreichs, ein Unternehmen für Fünf-Elemente-Suppen, das „Suppito“ aufgebaut hat und mittlerweile auch einen kleinen Mittagstisch, Kochkurse und Ernährungsberatung anbietet – erzählt sie selbst – mit der ihr eigenen ansteckenden Power.

Sie waren bis vor etwa 15 Jahren als Urologin erfolgreich – haben sich aber körperlich nicht wohl gefühlt. Woran lag’s?

Die Diagnose der Schulmedizin „Reizdarm“. Eine Diagnose, die übrigens gerne über alles gestülpt wird,  was mit der Verdauung eines Patienten irgendwie nicht stimmt. Zwar wurde mir dann, als ich Anfang 40 war, auch eine (echte) Zöliakie diagnostiziert und ich habe meine Ernährung entsprechend modifiziert, aber wirklich besser ging es mir auch damit nicht. Ich erlitt mehrere Hörstürze – bis ich zunächst auf einen Artikel über TCM (Traditionelle Chinesische Medizin) und dann die TCM-Meisterin Susanne Peroutka stieß. Diesmal stellte ich meine Ernährung komplett um. 

Was ist Ihnen denn dabei am schwersten gefallen? 

Der Verzicht auf Rohkost: Ich habe vorher wahnsinnig viel rohes Obst und Gemüse gegessen. Keine Karotte kam lebendig an mir vorbei. Morgens musste es frisch gepresster Orangensaft sein. Meinen armen Kindern habe ich in ihre Schulpakete Vollkorn und Karotten gepackt – und gedacht, dass ich dafür eigentlich einen Orden bekommen müsste. Heute weiß ich, dass mein Tinitus und meine Hörstürze „einfach“ schwache Nierenenergie (TCM Nierenkreislauf) waren. Mir war daher immer kalt. Wenn die Nieren aber kalt werden, dann brauchen sie etwa Warmes zu essen. Zum Beispiel ein warmes Frühstück mit vielen (nicht scharfen) Gewürzen  – alle getrockneten Gewürze sind nämlich auf der warmen „Seite“.  

Wir kommen gleich nochmal auf diese Ernährungsweise zurück, aber wichtig war ja vor allem: Ging es Ihnen damit wirklich besser! 

Oh, ja!. Ich habe mich plötzlich jeden Tag richtig energiegeladen gefühlt. Da ist mir erst einmal bewusst geworden, wie viele Menschen sich regelrecht krank essen, ohne es zu wissen. Und gerade wir Frauen sind begnadete Opfer für Ernährungsfehler, weil wir gerne auf die neueste Diätlüge reinfallen. TCM ist aber kein neuer Trend, sondern beruht auf uralten Erkenntnissen, es ist eine gewachsene Lehre. 

Suppito ProduktionskücheAllerdings ist ja doch ein großer Schritt von der Entdeckung einer wohltuenden Ernährungsweise für sich selbst bis zum Entschluss sein ganzes Leben zu ändern? 

Das ging ja auch nicht von einem Tag auf den anderen. Zunächst einmal habe ich selbst mit wachsender Begeisterung danach gekocht, viele Kochkurse veranstaltet und die Ergebnisse auch immer mal wieder meinen Patienten mitgebracht. Irgendwann ist die Idee entstanden, damit eine Selbstständigkeit aufzubauen. Aber ohne meine Familie und meinen Mann, der mir nach etwa vier Jahren sagte. „Jetzt mach endlich!“ hätte ich wahrscheinlich den Mut nicht gehabt. 

Wobei „einfach mal machen“ zwar genau das ist, was ich gerne empfehle, es aber natürlich auch ohne Konzept nicht geht. 

Ja-ein. Tatsächlich habe ich mich von einem Systemgastronomen und einem Küchenplaner beraten lassen und mit deren Hilfe das Ladengeschäft in der Nähe des Naschmarktes, wo wir immer noch sind, umgebaut. Aber einen echten Businessplan hatte ich nicht. Ich dachte eben, ich koche ein bisschen, mache ein paar Kochkurse und Ernährungsberatungen und dann sehen wir mal. 

Sie dachten …. es lief also anders? 

Kann man wohl sagen! Und noch dazu musste ich nicht mal wirklich Marketing machen. Ende Dezember 2006 , also kurz nachdem ich eröffnet hatte, kam ein TV-Team zu uns, weil sie irgendwo von der Idee gehört hatten. Und nachdem der Beitrag dann im Januar ausgestrahlt wurde, konnte ich mich vor Kunden nicht mehr retten. 

Offenbar hatten Sie also einen Nerv getroffen? 

Ich glaube, das liegt vor allem daran, dass die Menschen glücklich sind, wenn sie etwas finden, dass ihnen schmeckt und nach dessen Genuss sie sich auch noch gut fühlen. Deswegen ist ja auch das Mitnehmen und die Haltbarkeit der Produkte so wichtig. Mit den Suppen oder Eintöpfen im Glas kann man sich zu Hause etwas Gutes tun, auch wenn man keine Zeit hat. 

Jetzt muss ich aber doch nochmal auf die TCM zurückkommen. Ich habe mich für ein Buchprojekt mit einem Arzt mal ein wenig damit beschäftigt, habe selbst schon zweimal eine Ayurveda Kur (in gewisser Weise ähnlich der TCM) in Indien gemacht. Und ja, es ging mir damit sehr gut, ich fand es nur sehr schwierig gerade die Ernährung auf den Alltag zu übertragen. Lernt man in einem Kochkurs bei Ihnen denn wie es einfach geht? 

Es ist richtig, wenn man sich wirklich mit der TCM-Ernährungslehre beschäftigen will, geht das nicht mit einem Kochkurs. Ich würde zwar schon sagen, dass ich sehr praktisch erkläre, aber oft sagen mir die Leute auch: Damit ich alles richtig mache, kaufe ich dann doch lieber bei Ihnen. Aber ich habe auch viele Kursteilnehmer, die jetzt angefangen haben, für sich selbst und ihre Familie ganz anders zu kochen. Erste Schritte sind zum Beispiel, wie schon erwähnt, die Rohkost wegzulassen, soweit wie möglich saisonale Produkte zu verwenden (die Natur weiß ganz gut, was uns gut tut), wenn möglich wenig Fleisch, stattdessen lieber Hülsenfrüchte essen, und die bitte über Nacht eingeweicht und mit frischem Wasser abgeschäumt, dann explodiert man auch nicht. Und es gibt auch wunderbare Kraftsuppen, das sind lang ausgekochte Knochensuppen. Das sind zwar optisch nicht immer die schönsten aber die wertvollsten Produkte. Sie köcheln tagelang und dennoch sind ganz viele Aminosäuren drin. Das ist perfekt zum Beispiel für Schwangere oder auch Menschen, die länger krank waren. 

Suppito in Wien VerkaufsraumLeider kann ja nicht jeder zu Ihnen kommen ins Suppito nach Wien kommen. Und kann man zwar online bestellen und in Wien sogar vom Boten liefern lassen, in Österreich sogar per Post. Wenn man nun aber in Deutschland oder der Schweiz lebt: Kann man sich eigentlich selbst heilen, wenn man merkt, dass man ständig müde und energielos ist? 

Wenn man wirklich krank ist und der Körper in der totalen Disbalancekann man sich auch nicht einfach so selbst helfen. Aber deswegen bieten wir ja auch Ernährungsberatung an. Und mittlerweile gibt es vier Kochbücher. Das klingt jetzt so nach Werbung, aber es ist tatsächlich hilfreich, wenn man sich intensiver damit auseinandersetzen will, auch mal nachzulesen. So kann man sich mal langsam an das Thema herantasten. Wenn man sich aber wirklich unwohl fühlt, sollte man einen oder eine TCM-Ernährungsberater/in in der Nähe suchen. 

Danke für diese Ehrlichkeit.  

Können Sie nochmal zusammenfassen, was das Besondere an den Suppito Gerichten ist? 

Alle unsere Produkte sind handgemacht und hausgemacht,  auch wenn wir mittlerweile über 35.000 Liter im Jahr produzieren. Wir kochen mit besten, überwiegend regionalen, saisonalen und biologischen Lebensmitteln. Alle Suppen und Eintöpfe sind laktose-, hefe- und glutenfrei. Sie sind in Flaschen und Gläsern abgefüllt und halten – ohne Konservierungsmittel – gekühlt zwischen vier und 15 Wochen.  

Anfangs standen Sie ja alleine am Herd. Bei 35 000 Litern, den Kochkursen und den Büchern ist das wohl nicht mehr möglich? 

(lachend) Natürlich nicht. Für mich arbeitet eine wunderbare, national bunte gemischte Truppe. Mein „Küchenchef“ Bugu Samuel beispielsweise ist Ghanese und war früher Straßenkehrer. Er hat bei mir ganz am Anfang meiner Selbstständigkeit als Spüler angefangen und sich so gut entwickelt dass er immer mehr Aufgaben bekam. Und jetzt holt er immer Kollegen in sein Team. Und ich weiß, ich kann mich hundert Prozent auf sie verlassen. Aber ich habe wirklich Glück, mein ganzes Team ist toll. 

Manchmal ist es wirklich schade, dass ich hier nur Text und Fotos wieder geben kann, denn Andrea Scholdan hat so einen angenehm energetische Ausstrahlung, da fühlt man sich schon im Gespräch wohl. Vielleicht konnte ich ja ein wenig davon hier vermitteln – und Wien ist ja auch immer eine Reise wert!  

Mehr zum Suppito  (und dort auch zu den Büchern von Andrea Scholdan) 

 Und übrigens: Starke Frauen vernetzen sich gerne. Und daher hat sich Andrea Scholdan vor ein paar Jahren auch dazu entschlossen, keine eigene Gewürzmischung zu kreieren, sondern sich die Suppito-Gewürzmischungen von Nathalie Pernstich und ihrem Babette’s zusammen stellen zu lassen – natürlich auch nach den 5 Elementen. 

Und mit Nathalie Pernstich habe ich auch schon gesprochen: Hier geht’s zum Interview mit ihr (Link) 

Bildnachweis: Portrait Andrea Scholdan: Andrea Scholdan, Produktionsküche und Innenraum: Stephanie Bräuer