„Unsere Produkte leben. Und bei allen Schwierigkeiten und Herausforderungen, die der Umgang mit lebenden Produkten mit sich bringt, sind wir glücklich mit ihnen arbeiten zu dürfen. Sie werden laufend gewünscht, verspeist und so ist der Bedarf auch gleich wieder da. Wir können sie von klein auf heranziehen und bekommen von unseren Kunden ein direktes Feedback. Oder die Kunden bringen uns neue Ideen mit.
Mit den Gastronomen ist der Kontakt in den letzten Jahren noch intensiver geworden. Wenn wir dann in der ruhigen Zeit (für uns) auch vor Ort verkosten dürfen, und sehen, was sie mit unseren Kräutern und Gemüsen in ihren Restaurants machen, ist das ein sehr schönes Gefühl der Gegenseitigkeit.“
Und diese Aussage ist der Grund, warum Eveline Bach natürlich eine Culinary Lady ist. Das Gespräch, das ich mit ihr und ihrem Mann Mario, mit dem sie den Betrieb gemeinsam leitet, geführt habe, kam dann aber schnell vom Angebot und der ungeheuren Vielfalt der Gärtnerei Bach immer wieder zu ganz aktuellen Themen: Dem Sinn und Unsinn von „bio“, dem Unterschied von Gärtnerei-Kräutern und Massenmarkt und dem Essen nach der Jahreszeit.
Frau Bach, Sie führen die Gärtnerei in vierter Generation. Was hat sich geändert?
Eveline Bach: Schon bei meinen Großeltern und Urgroßeltern war die Gärtnerei ein Gemüseanbaubetrieb. Aber früher hatten die Gärtner viele verschiedene Produkte, ein breites Sortiment, mit dem sie dann auf den Markt gefahren sind. Mein Vater hat sich dann auf einige wenige Produkte konzentriert und die über die LGV Frischgemüse Wien vermarktet, den größten österreichischen Handelsvertriebspartner für Gemüse – und an Unilever und Co also die Fabrikverarbeitung verkauft.
Wieso haben Sie dann mit dem Direktvertrieb angefangen?
Eveline Bach: Einfach weil die Nachfrage da war. Unser alter Standort war zwar stadtnäher, aber die Stadt wuchs und immer mehr Kunden sind in unsere Nähe gezogen und sagten. „Wenn wir schon in ein Gartenbaugebiet ziehen, dann wollen wir auch frisches Gemüse“ Und so hab’ ich mit 18 Jahren mit dem Direktverkauf angefangen.
Aber ist das nicht mühsamer?
Eveline Bach: Schon, deswegen haben wir auch viele Jahre die LGV noch weiter beliefert. Bis wir dann beschlossen haben, lieber den Direktverkauf zu verfeinern und auszubauen. Dann sind allmählich kleine Greisslereien (kleine Lebensmittelgeschäfte) und Feinkostgeschäfte dazu gekommen und gut bürgerliche Gasthäuser und irgendwann auch die Top-Gastronomen, die sehr speziell auf ganz besondere Produkte schauen.
Die Köche kommen zu Ihnen und haben bestimmte Wünsche?
Eveline Bach: Eigentlich ist das mehr eine Wechselwirkung. Sie kommen zu uns und schauen, was wir haben. Dann äußern sie manchmal Wünsche und wir versuchen darauf einzugehen. Aber ich achte auch immer darauf, was in unser Sortiment passt, wohinter wir stehen können.
Zum Beispiel haben wir vor etlichen Jahren den Bachsalat erarbeitet. Damals haben gerade die Asia Salate begonnen in Mode zu kommen. Dann kam einmal der bekannte Essigproduzent Erwin Gegenbauer zu uns und wollte gemeinsam mit uns etwas machen.
Aus solchen Gesprächen ist dann der Bachsalat entstanden, den wir im Lauf der Jahre immer mehr verfeinert haben. Ich bin auf Sachen gestoßen, die dazu passen könnten, das ist ein langsamer Prozess. Irgendwann kamen die Blüten dazu, wie zum Beispiel die Zucchiniblüten, oder wir haben gemerkt, dass manche Köche besonders kleine Kohlrabi möchten oder ganz spezielle Sorten von Melanzane (Auberginen). So entwickelt sich unsere Vielfalt dann immer weiter.
Was hat denn schon mal nicht gepasst?
Eveline Bach: Zum Beispiel eine Physalis. Wir haben früher diese kleinen Ananaskirschen im Folientunnel gemacht. Die sind wunderbar, aber sie ziehen Spinnmilben an. Wir haben es mit dem Einsatz von Nützlingen probiert. Wir hatten Fachleute für biologische Schädlingsbekämpfung hier, gemeinsam haben wir keinen befriedigenden Erfolg erreicht. Also haben wir irgendwann beschlossen: Schluss, Aus, wenn es ohne den laufenden Einsatz von Spritzmitteln nicht geht, dann setzen wir dieses Produkt nicht mehr ein.
Apropos „bio“ – sind Sie denn biozertifiziert?
Mario Bach: Ich bin sicher nicht gegen „bio“, denn immerhin hat das einen Umdenkprozess eingeleitet, man geht mit manchen Sacher anders um. Nur – wenn ich die Leute frage, was sie eigentlich unter „bio“ verstehen und bekomme dann als Antwort „nicht gespritzt und nicht gedüngt“, dann kann ich nur sagen: Guten Morgen! Ob jetzt synthetische oder biologische Mittel, wir versuchen hier möglichst restriktiv damit umzugehen. Sonst hätten wir hier auch nicht so viele Erdkröten und Nützlinge. Und schließlich esse ich unsere Tomaten auch selbst.
Aber manchmal muss man leider auch sagen, „bio“ heißt „leben“ und inzwischen leben viele Institutionen ganz gut vom bio-Label. Für mich ist es zum Beispiel symptomatisch, wenn er einer ganz stolz erzählt. „Ich habe jetzt auf Bio umgestellt“ und dann auf die Frage „Warum?“ antwortet. „Weil’s mehr Geld gibt:“
Eveline Bach: Eigentlich könnten wir so gut wie biozertifiziert sein, aber da gehört auch eine Menge Papierkram dazu. Wir haben jetzt mit dem neuen Standort soviel Kapital vom alten Betrieb wieder hier hinein gesteckt. Bei uns wächst alles auf Erde statt auf Fremdsubstrat, nur um den Maximalertrag zu erwirtschaften. Wir haben eine Pelletsanlage, eine Solaranlage und die Photovoltaik. Und bei den Pflanzen arbeiten wir soviel mit der Natur, wie’s geht. Dazu haben wir ja auch schon jahrelange Erfahrung. Bei den Kräutern wird absolut gar nichts gespritzt.
Aber wenn Sie bei den Kräutern aufs Spritzen verzichten, gehen Sie auch ein gewisses Geschäftsrisiko ein …
In diesem Sommer konnte ich mir manche Pflanzen kaum anschauen. Beim Pfefferblatt zum Beispiel hatten wir einen Raupenbefall, das hat so erbärmlich ausgeschaut! Wir haben es uns aber geleistet, dass es zu der Zeit eben nicht so perfekt war. Manchmal muss man nur ein bisschen geduldig warten und die Natur regelt es wieder.
Aber bei den Asiasalaten zum Beispiel hast du im Hochsommer einfach Erdflöhe. Da musst du einfach mit einem Biomittel hineingehen und trotzdem lachen dich die Erdflöhe aus und hupfen einfach kurz zur Seite. Mittlerweile weiß ich aber, dass ich die Sorten anderes zusammenstellen muss, dass ich andere Sache da habe, die kein Kohlgemüse sind. Aber das lernt man eben nur mit viel Erfahrung.
Sie sind ja gerade für ihre Vielfalt an Gemüsen und Kräutern bekannt. Über 100 Tomatensorten, über 100 Chilisorten, über 40 Melanzanisorten, große und kleine Gurken, Salate, Raritäten wie Flügelbohnen, Malabarspinat, Erdmandeln, Okra und so weiter. Gibt es auch Köche, die Ihnen Pflanzen bringen?
Eveline Bach: Manchmal. Als wir mit der Vielfalt begonnen haben, so vor 20, 30 Jahren, war es ja nicht so leicht, von überall her etwas zu bekommen. Da hat uns ein Koch auch mal Saatgut für kleine Melanzani aus Thailand mitgebracht. Oder einer aus Japan Perilla (=Sisho).
Vor kurzem haben wir von einem Koch aus Sylt, der als Gastkoch hier in Wien war, einem Samen von etwas bekommen, was ich für seinen Gastgeber-Kollegen anbauen soll. Aber wie schon gesagt, solche Sachen müssen zu uns passen und die meisten Produkte müssen sich auch rechnen. Wir haben sowieso ein paar Produkte, die wir eher als Spielerei oder gärtnerische Herausforderung betrachten.
Wie zum Beispiel?
Die meisten salzigen Kräuter. Wir sind ja nicht an der Ostsee und von daher sind so Dinge wie eine Salzmelde oder Meerfenchel schon spannend. Aber manchmal sagen wir bei solchen Sachen auch: Lassen wir sie dort wachsen, wo sie hingehören.
Ich habe mal eine Frage, die jeder, der schon mal Kräuter oder Gemüsesetzlinge gekauft hat kennt: Warum sind die Produkte aus einer individuellen Gärtnerei so viel besser und stabiler?
Eveline Bach: Ich denke, die Stabilität liegt vor allem daran, dass der Handel in Mengen pflanzt. Der muss auf seinen Stückbesatz schauen, die Pflanzen werden teilweise mehr gedüngt und manchmal sogar belichtet, damit sie im Frühjahr rechtzeitig fertig werden. Bei uns wachsen die Pflanzen schon ein bisschen härter ran, wir tragen sie vom Warmen ins Kühle, damit sie dann nicht plötzlich einen Schock bekommen.
Mario Bach: Nehmen wir mal das Beispiel Fleisch. Einmal aus der Massentierhaltung und einmal von einem Hof, auf dem die Tiere auch auf die Weide dürfen. In der Massentierhaltung muss sich ein Stall heute zweieinhalb mal im Jahr umdrehen (zweieinhalb mal verkauft werden). Der Züchter muss auf schnell wachsende und viel fleischgebende Arten gehen und dann auf Tempo setzen. Dass das Fleisch (mal vom Tierschutz abgesehen) dann wässrig ist, verwundert nicht mehr.
Das ist bei uns genau dasselbe. Im Großbetrieb stehen die Pflanzen eng nebeneinander und werden schnell hochgezogen. Beispiel Basilikum: Das steht dann in der Folie im Markt. Warum Folie? Damit es nicht sofort umkippt, denn die Stile sind so dünn wie ein Zwirn. Aber da sind wir wieder bei der Preisfrage: Der Topf kostet etwas, die Erde, der Steckling, die Heizung, die Arbeitszeit. Und wenn der Topf dann für 50 Cent verkauft wird, funktioniert das eben nur über Masse.
Apropos „So schnell wie möglich im Frühjahr fertig“ – Ihre Produkte sind eindeutig saisonal. Sie könnten natürlich auch einige mit entsprechender Ausstattung ganzjährige anbieten, tun dies aber ganz bewusst nicht.
Eveline Bach: Wir arbeiten wirklich mit der Jahreszeit. Aus eigener Produktion kann ich qualitativ nicht gegen die Jahreszeit produzieren. Vielleicht gibt es im Februar mal ein bisschen Sauerklee oder Ähnliches, aber das ist nicht der Rede wert. Unsere Saison ist von April bis Oktober.
Mario Bach: Auch Restaurants sollten sich nach der Saison besinnen. Es ist doch Schwachsinn, im Dezember frische Tomaten zu essen. Aber das ist ein Erziehungsprozess. Aber leider bekommt man heute ja immer alles, das ist eigentlich eine Katastrophe.
Dieses Gespräch habe ich im September geführt, zu einem Zeitpunkt, an dem die größte Pracht natürlich schon vorbei ist. Dennoch hoffe ich, die Bilder geben einen EIndruck vom großartigen Angebot der Gärtnerei Eveline Bach.