Babettes Gewürze

Nathalie Pernstich macht Gewürze. Und Gewürzmischungen. Und gibt Kochkurse. Und hat ein Buch geschrieben. Und reist gerne in die Herkunftsländer der Gewürze. Und verkauft die Gewürze unter anderem in zwei Ladengeschäften in Wien, die eine Mischung aus Gewürzladen, Kochbuchhandlung, Kochschule sind und einem kleinen Café beziehungsweise idealem Ort für den kleinen Lunch sind.  

Wie das alles zusammenkam, erzählt sie im Gespräch mitten in der duftenden Welt von babettes.at in Wien. 

Woher kommt Deine Faszination für Gewürze? 

Ich verwende sie selbst einfach gerne. Aber ich bin auch in einigen der Länder aufgewachsen, aus denen ich heute Gewürze beziehe. Wir haben in Brasilien gelebt und in Indonesien, meine Eltern dann noch ein paar Jahre in Indien. Als Französin hat meine Mutter auch immer viel gekocht. Und in Frankreich ist übrigens ein marokkanisches Couscous ein ganz normales Sonntagsessen. Gewürze haben für mich also immer zur Küche dazugehört. 

Du kaufst Gewürze sowohl von Importeuren, vor allem aber auch von Lieferanten, die Du persönlich kennst, schon vor Ort besucht hast ?

Weil wir so viele verschieden Produkte haben, müssen wir einiges über den Großhandel beziehen, ich kann also leider nicht für jedes Gewürz zu einem Produzenten reisen.  Aber tatsächlich war ich beispielsweise unter anderem schon zweimal in Sri Lanka. Dort arbeiten wir mit einer Kooperative zusammen, an die Bio-Bauern im ganzen Land liefern. Die Bauern werden dort auch geschult und sie bekommen einen fixen Preis zugesagt, egal wie hoch der Marktpreis gerade ist.

Das bedeutet natürlich Sicherheit, aber in Zeiten, in denen, wie aktuell, der Vanillepreis so gestiegen ist, machen die Bauern damit doch den schlechteren Deal? 

Jaein, denn dann kommen die Großkonzerne, die natürlich Engpässe haben und kaufen ihnen die Vanille für enorme Preise ab. Das ist aber nicht nur schwierig für uns als kleine Bezieher. Das geht auch ganz deutlich auf die Qualität. Denn wenn die Nachfrage so hoch ist, werden die Schoten oft viel zu früh geerntet. Erstens, weil die Bauern Angst haben, dass der Preis wieder sinkt und zweitens, weil sie Angst haben, dass ihnen die Vanille von den Feldern gestohlen wird. Die werden mittlerweile teilweise schon mit Maschinenpistolen überwacht . 

Zu diesem Thema gibt es übrigens auch interessante Artikel im Internet (hier über Vanille in Madagaskar oder Indonesien 

Wenn Du selbst vor Ort bist, bekommst Du dann Deine Produkte auch schneller? 

(Sie lacht) Nein, eher im Gegenteil. Dort ticken die Uhren einfach anders. Während wir hier zittern, sind sie dort tiefentspannt, was die pünktliche Lieferung angeht. Als ich das letzte Mal dort war, hat uns der Chef der Kooperative drei Tage lang herumgefahren und uns dabei erzählt, dass sie sich immer sehr über die Europäer lustig machen, weil die immer so ungeduldig sind. Ok, ich hatte verstanden. 

Wie muss man sich eigentlich eine Gewürzfarm vorstellen? 

Das ist unterschiedlich. Aber ich kann mal das Beispiel einer Kardamon-Farm erzählen. Wir sind zu einem Bauern gefahren, der uns dann in den Urwald geführt hat (wo wir uns erstmal der Blutegel erwehren mussten) und irgendwo hing dann plötzlich ein rostiges Schild an einem Baum auf dem stand. „This is a organic field“ Und er zeigt uns eine Kardamon-Pflanze und dann weiter hinten noch zwei.  Die wachsen da alle wild. 

Also keine Mono-Kultur-Züchtung? 

Nein. Die meisten pflanzen ohnehin nach dem „Kandy-Garden-Konzept an. Das heißt, sie haben im eigenen Hinterhof eine Mischkultur. Da steht dann beispielsweise ein Muskatbaum, ein Nelkenbaum, ein paar Pfefferpflanzen, ein paar Vanillepflanzen, Fruchtbäume, Auberginen, Tomaten und Kräuter – vor allem die ganzen ayurverdischen Heilkräuter Man bekommt also nie alles von einem Bauern. Aber was wirklich großartig ist. Überall, wo wir hingekommen sind, hatten sie für uns ein kleines Buffet aufgebaut und uns verwöhnt – sie sind enorm gastfreundlich. 

Gibt es auch in Europa besondere Produzenten? 

Ja, gerade in diesem Sommer war ich mit dem Fahrrad in Frankreich unterwegs und bin zu meinem Chililieferanten Ramuntxo gefahren, nach Espelette im Baskenland. Ich finde, dort wächst der beste Chili der Welt. Den behandele ich eigentlich auch gar nicht wie einen Chili, sondern wie eine Grundzutat. Müsste ich entscheiden für drei Gewürze, die ich unbedingt brauche, dann würde ich wahrscheinlich Salz, Pfeffer und den Espelette Chili nehmen. (sie denkt kurz nach) Obwohl dann denke ich wieder an all die Kräuter. Ach, gottseidank muss ich mich ja nicht entscheiden. 

Gewürzmühle BabettesIhr vertreibt Eure Gewürze über den Onlineshop, liefert an Köche oder Fachhändler, aber natürlich vor allem auch über die beiden Ladengeschäfte. Denn damit hat es ja eigentlich angefangen. 

Richtig. Ich hatte schon 2002 einen Buchlanden in der Schleifmühlgasse ganz in der Nähe des Naschmarkts und von Anfang an, die Idee, dort auch Gewürze zu verkaufen. Aber irgendwie liefen die Gewürze nicht besonders, ich habe das Sortiment auch ziemlich stiefmütterlich behandelt. Also hab’ ich mir irgendwann gesagt: Entweder ich mache es gescheit oder gar nicht. Dann habe ich das Geschäft in der Innenstadt Am Hof gefunden. Das sollte DER Gewürzladen werden und als solcher wird er von den Leuten auch wahrgenommen. Dabei haben beide Läden eigentlich das gleiche Sortiment. Und in der Schleifmühlgasse finden auch unsere Kochkurse statt, aber dafür gibt es Am Hof den großen Tisch, wo man sich selbst Gewürze herausschaufeln kann.  

Aber es heißt doch immer, man soll gar keine offenen Gewürze kaufen? 

Das ist ja auch richtig, vor allem, wenn es um bereits bearbeitete Gewürze geht. Wir verkaufen in den offenen Schütten nur ganze Gewürze. Und auf jeder Schütte ist noch ein Deckel. Auf Reisen lassen sich viele Leute von dem „Bazargefühl“ verführen. Sie kommen dann oft aus dem Orient zurück und haben auf dem Markt kiloweise offene Gewürze einkauft „Weil das doch so toll gerochen hat und so schön aussah“. Ich kann das schon verstehen, da kommt man in einen echten Kaufrausch. Nur leider ist die Freude im wahrsten Sinn des Wortes, schnell verraucht. Unsere Idee mit den „offenen“ Gewürzen ist, dass man sie in kleinen, bedarfsgerechten Mengen kaufen kann und Verpackungsmaterial spart. 

Wie lange halten sich Gewürze denn überhaupt? 

Wenn Sie luftdicht und lichtgeschützt verschlossen sind, geben wir den gemahlenen Mischungen ein Haltbarkeitsdatum ab Produktion von einem Jahr. Was die meisten Leute als sehr kurz empfinden. Natürlich sind die Gewürze auch länger haltbar, aber das Aroma lässt dann eben schon deutlich nach. Und wir verkaufen daher auch mal ganz kleine Chargen von 10 Gramm zum Ausprobieren. Dann kann man überlegen, wie oft man das einzelne Gewürz einsetzt.  

Ihr röstet Eure Gewürze selbst und stellt Gewürzmischungen selbst zusammen. Kann man das lernen? 

Nur durch Erfahrung. Gewürzmischer ist ja kein Beruf. Wir betreiben das jetzt ernsthaft seit 2008 und haben viel dabei gelernt. Welche Gewürze man mit welchen Mühlen mahlt zum Beispiel. Ich habe mal Berberitzen mit der normalen Mühle gemahlen und konnte dann einen wunderbare Karamellpampe aus der Mühle entfernen. Da muss man unseren „Terminator“ nehmen, das ist ein Cutter, in den auch sperrige Kräuter und Blüten kommen.  

Wichtig ist aber auch das Rösten, oder?  

Für manche Mischungen ganz enorm wichtig: Zum Beispiel unser Ceylon Curry (das in Sri Lanke roasted curry heißt). Das hat ein Koch aus Ceylon, der hier um die Ecke gearbeitet hat, probiert und mir erklärt, es sei viel zu wenig geröstet. Also habe ich  mich mit der Pfanne hingestellt und geröstet: Aber er fand es immer noch zu wenig. Da habe ich mir Kaffeebohnen daneben gestellt, denn genau diese Farbe sollte rauskommen. Aber da muss man sich schon trauen und es ist ein schmaler Grat, zwischen perfekt und  verbrannt.  

Ich kann hier gar nicht auf alle Gewürze und Gewürzmischungen – und natürlich auch Dein Kockkurs-Programm eingehen. Aber dafür gibt es ja auch Eure Website. Aber ein Thema habe ich dort doch noch gefunden, da mich neugierig macht. Es gibt auch Spicy (also würzige) Drinks? 

Ja wir haben Blüten und Gewürze für Lattes, Smoothies, kalte und warme Tees und Limos. Das macht auch richtig Spaß. 

Gibt es denn noch einen Traum, den Du hast? 

Ach, ich hatte schon immer die Vision, dass ich es mir leisten kann, mir jederzeit neue Produkte und Produzenten auf der ganzen Welt anzusehen. Nicht nur weil ich gerne reise – das natürlich auch – aber auch, weil ich es so toll finde, die Gewürze wirklich da zu kaufen wo sie wachsen. Wir haben ja den großen Trend zur Regionalität, aber viele Gewürze kommen eben nicht aus unserer Breiten Aber die Produzenten vor Ort alle zu kennen und sie zu fördern – und zu respektieren – das ist doch eine ganz gute Ergänzung zur Regionalität und macht absolut Sinn. 

Nach den Geschichten über die gastfreundlichen Bauern in Sri Lanka und die Radtour nach Espelette kann ich diesen Wunsch sehr gut verstehen. Ich wünsche Dir also, dass Du und Dein Team (inzwischen übrigens 15 Mitarbeiter) weiter deine Kunden so sehr begeistern, dass Du noch viel mehr reisen kannst. 

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