Kopf in Nacken – weiter backen

Culinary Ladies sind ja eigentlich nur hauptberufliche Genusshandwerkerinnen. Aber besondere Zeiten bringen eben auch mal besondere Menschen zu uns. So eben in diesem Fall Andrea, die mir von Daniela Sepp ans Herz gelegt wurde, weil sie ihr so sehr bei einer Charity Aktion während des Lockdowns im Arpil 2020 geholfen hatte, trotz ihres Fulltime-Jobs als Krankenschwester. Und dabei habe ich dann auch noch jede Menge über die SAT-1. Sendung „Das Große Backen“ gelernt. Denn Andreas Instagram-Name andrea_das_grosse-backen kommt nicht von ungefähr.

Andrea, was war bei Dir denn zuerst. Das Backen oder die Krankenschwester?

Erst kam die Krankenschwester – vor 40 Jahren schon!  Ich bin in der ehemaligen DDR geboren und hab‘ 1982 mit meiner Ausbildung zur Krankenschwester angefangen. Das war ein Drei-Jahres-Studium. Nach einer Zusatzqualifikation zur Fachkrankenschwester für Anästhesie und Intensivtherapie war ich dann 15 Jahre auf einer interdisziplinären Intensivstation in Potsdam. Dann habe ich vor 19 Jahren meinen Mann kennen gelernt, einen Südtiroler …

… und ihr habt Euch in München quasi in der Mitte getroffen?

Das kann man so sagen. Ich bin also seit 19 Jahren hier in München, hab‘ davon fast 17 in der herzchirurgischen Intensivstation in Großhadern gearbeitet und habe jetzt in der Schönklinik in der Anästhesie meinen Platz gefunden.

Wie aber kam es denn zum Backen, vor allem zum „Intensiv-Backen“?

Gebacken habe ich schon immer gerne. Aber so richtig fing meine Leidenschaft erst so vor fünf, sechs Jahren mit dem Thema „Motiv-Torten-Backen“ an. Ich habe recherchiert und probiert und wieder recherchiert und ganz viele Torten ausprobiert.  Im Freundeskreis kamen die offensichtlich ganz gut an, denn viele meiner Freunde haben mir immer wieder zugeredet mich doch mal bei „Das Große Backen“ auf SAT.1 zu bewerben.

Und Du warst gleich Feuer und Flamme?

Nee, ich hab’ erstmal gesagt. „Ick? Um Gottes Willen! Nie!“ Aber mehr so aus einer Laune heraus, habe ich mich 2018 dann doch einfach mal beworben, war mir aber sicher, dass ich ohnehin keine Chance habe.

Wie läuft so eine Bewerbung denn ab?

Nach der ersten schriftlichen Bewerbung bekommt man einen Fragebogen zugeschickt, in dem man sich selbst und seine Backfähigkeiten mit Noten bewerten muss. Ich habe mich zum Beispiel beim Thema „Hefeteig“ eher schlechter eingestuft, weil ich dachte. „Was soll ich mir da Einsen geben, wenn ich mit Hefeteig nicht wirklich Freundschaft geschlossen habe?“ Deswegen war ich mir allerdings auch ziemlich sicher, dass ich bestimmt nicht weiterkommen würde.

Aber – oh Wunder – ich wurde zum Casting nach München mit 30 Teilnehmer eingeladen (die Castings fanden überall in Deutschland statt). Dort musste man eine eigene Torte mitbringen und zu der auch eine Geschichte. Diese Torte wurde dann verkostet, danach wurden 15 Teilnehmer ausgewählt, die noch live etwa backen mussten und dann ging es erst mal wieder nach Hause.

Ohne Bescheid, wie man abgeschnitten hat?

Ja, da schon, aber zwei Wochen später habe ich Bescheid bekommen, dass ich in der Sendung war, also „ins Zelt“ durfte. Als eine von 10 Kandidaten aus 2000 Bewerbungen!

Musstest Du Dich dann für die Sendung noch mal vorbereiten?

Ganz ehrlich: Die Wochen vor der Sendung bestand mein Leben plötzlich nur noch aus Backen, Schlafen, Klinik.  Wenn Du das machst, musst Du unbedingt eine Familie haben, die 100 Prozent hinter Dir steht, sonst geht das gar nicht.

Klingt nach einem Mammutprogramm.

Das kann man so sagen. Wir haben vom Sender ein Manuskript bekommen, in dem die Themen standen, zu denen man einmal seine eigenen Rezepte und dann noch vorgegeben Sachen backen musste. Ein Beispiel: Beim Thema „Galaxien“ musste man seine eigene Torte und dann noch eine 3-D-Torte backen. Insgesamt gab es 15 Projekte und, ehrlich, da standen Sachen drin, von denen ich mein Lebtag noch nicht gehört hatte.

Zum Beispiel?

Bûche de noel.

Was?

Genau! Ich habe also gegoogelt, aber alles dazu nur auf Französisch gefunden. Zu dem Zeitpunkt habe ich zu meinem Mann gesagt. „Ich glaub, ich bin raus. Da stehen Sachen drin, von denen ich noch nie gehört habe – und die soll ich dann In der Sendung backen? Na Herzlichen Glückwunsch!“

Aber offensichtlich hast Du nicht aufgegeben …

Nee. Ich habe in der Arbeit alle gefragt. „Wer spricht hier Französisch?“ Dann hatten wir Gottseidank eine Reinigungsfee, die Französin ist, und die hat mir dann Rezepte übersetzt.

Und was ist jetzt Bûche de Noel?

Eigentlich nur eine weihnachtliche Biskuitrolle wie sich herausgestellt hat (sie lacht)

Also jedenfalls musst man diese 15 Themen ausführen, angefangen von „pull apart“, das sind 24 Cape Cakes, bei denen man noch eine 3-D Cup Cake Version machen muss. Man muss alles backen, fotografieren und  zum Sender schicken. Dann telefoniert man so etwa drei bis sechs Stunden mit den Zuständigen. Dann heißt es bei einigen Sachen: „Ach nee, kannst Du da nicht noch mal was anderes machen?“ Und erst wenn von dort das OK kommt, kann man (erstmal( einen Haken dahinter machen. Also drei Wochen vor der Sendung gibt es außer Job und Backen wirklich nichts anders.

Jetzt muss ich doof fragen: Was machen die denn mit den ganzen Sachen?

Die werden von der ganzen Crew (da arbeiten ja viele auch hinter den Kulissen) verspeist. Sie achten auch wirklich darauf, dass nichts weggeschmissen wird.

Und sie arbeiten nur mit hochwertigen Produkten und Zutaten. Das ist also sicher keine so schlechte Aufgabe.

Wieso musstet Ihr das alles eigentlich backen? Ihr wart ja schon ausgewählt …

Naja, alle 10 Kandidaten haben ja dieselben Themen bekommen. Und man wollte natürlich nicht, dass dann alle zu einem Thema dasselbe backen. Zum Beispiel war ein Thema auch „Fastfood“. Es wäre aber ziemlich langweilig, wenn dann in der Sendung alle einfach einen Burger backen würden.

Das heißt also, wenn die Teilnehmer etwas in der Sendung backen, haben sie es zu Hause schon mal probiert?

Ja, im Prinzip schon. Aber bei mir zum Beispiel war das Problem: Dreimal hat ihnen beim Thema „Galaxie“ meine Torte nicht gefallen. Also habe ich dann in der Sendung einfach spontan etwas Neues gemacht. Aber bei Themen wie zum „Mein Lieblingsrezept“ oder „Frühling“ oder „Meine Visitenkarte“ – da hab‘ ich natürlich eine Krankenschwester-Torte gemacht – solche Sachen hat man schon zu Hause geübt. Das ist ja auch logistisch sinnvoll. Denn die Sender-Crew muss auch die Zutaten einkaufen.

Das einzige, was für alle immer wirklich total neu ist, sind die technischen Prüfungen. Die bekommt man wirklich erst an dem Tag, an dem die jeweilige Sendung gedreht wird. Bei uns war zum Beispiel eine Prüfung ein Apfelstrudel backen. Das kann man dann eben – oder nicht.

Dir ist ja leider auch eine technische Prüfung zum Verhängnis geworden

Ja, Ich bin leider als Dritte rausgeflogen – weil ich die Pizza verhauen habe. Ja mei, einer muss halt immer gehen.

Auf alle Fälle klingt das schon so, als ob man für die Sendung wirklich etwas können muss. Wer gerne mal Plätzchen backt, ist da wohl definitiv falsch.

Ja, ich muss wirklich sagen: dort wird schon auf hohem Niveau gebacken. Und dann kommt der Zeitdruck noch dazu. Auch wenn fünf Stunden nach viel Zeit klingen, das ist knapper als man glaubt. Und da gibt es auch keine Ausnahmen. Wenn du zwischendurch auf Toilette musst, dann hast du eben weniger Zeit. Da muss man schon gut organisiert sein und auch ein bisschen Talent haben (sie grinst).

Ist durch die Sendung deine Backleidenschaft erst richtig angeheizt worden?

Also eigentlich muss ich gestehen: nachdem ich mit meinem versemmelten Pizzateig aus der Sendung geflogen bin, war ich erst mal am Boden zerstört, total enttäuscht und habe gesagt: „Ich backe nie wieder! „Aber das passt nicht zu mir, also lieber: Kopf in Nacken, weiter backen!

Ich glaube mit der Sendung bin ich ein bisschen ehrgeiziger geworden. Ich besuche auch Kurse und informiere mich viel, um einfach noch ein bisschen mehr Modellieren oder das Filigrane zu lernen. Aber ich mache auch viel in Eigeninitiative und kann stundenlang daran sitzen. Viele sagen, dass meine Torten seitdem noch professioneller geworden sind.

Du hast aber nie überlegt, Dein Hobby zum Beruf zu machen?

Nein, das war nie eine Option. Mein Beruf ist mein Beruf und mein Hobby mein Hobby. Und ich glaube, die Gefahr ist groß, dass man, macht man sein Hobby zum Beruf, irgendwann die Lust verliert. Für mich ist das einfach eine Leidenschaft. So wie mein Beruf für mich Berufung ist, so ist das Backen für mich Leidenschaft und Liebe – und ich glaube, das sieht man auch in meinen Torten. Und wenn mein Mann manchmal meint, er möchte auch so geliebt werden wie meine Torten, dann sag ich ihm nur: „Hase, Du bekommst genug Liebe und schließlich darfst Du dann ja auch alles kosten.“

Eben, das macht schon ein bisschen neidisch. Aber apropos Berufung. Du hast ja auch einen anspruchsvollen Job. Wie schafft du es da noch danach zu backen?

Das fragen mich viele, aber ehrlichgesagt, ist das für mich die beste Entspannung. Dabei vergesse ich alles um mich herum. So wie manche ins Fitnessstudio zum Yoga gehen, backe ich eben und bin dann total entspannt.

Wie hast Du eigentlich Daniela Sepp kennengelernt?

Daniela ist ja DIE Maccaron-Königin. Und ich stand mit Maccarons nie wirklich auf einer Friedensebene, die litten bei mir gerne auch mal an heftiger Cellulite. Ich hatte zwar auch schon mal einen Kurs gemacht, aber als ich es zu Hause probiert habe, bin ich schier wahnsinnig geworden. Der Mülleimer war in dieser Phase mein bester Freund.

Und dann habe ich irgendwann die Backmischung von Daniela gefunden, ausprobiert – und hatte die perfekten Maccarons. So sind wir dann über Instagram in Kontakt gekommen und irgendwann hat sie mich kontaktiert und gefragt, ob ich nicht Lust hätte aus meinem Talent noch was zu machen. Kurz gesagt. So wurde aus meinem Hobby ein kleiner Nebenjob und aus Daniela eine Freundin.

Du gibst seitdem auch Maccaron-Kurse bei Daniela. Aber, auch wenn Du nichts an der Kombi Beruf-Hobby ändern willst. Einen Traum hast Du schon noch …

Das stimmt: ein eigenes Backbuch. Aber ein Backbuch, bei dem man die Rezepte a) nachbacken kann und in dem b) die Torten auch richtig gut schmecken. Ich bin nicht so der Freund von allzu exotischen Zutaten – denn da kostet man vielleicht mal, aber das war‘s. Meine Torten sind schon so, dass man gerne auch mal mehr als ein Stück isst.

Wer weiß, vielleicht wird das noch was mit dem Backbuch. Wir drücken die Daumen. Wer aber schon mal sehen will, was für Wahnsinns-Torten Andrea so macht, sollte ihr einfach auf Instagram folgen – und kann sie dort natürlich auch kontaktieren.