Aktualisierung: Dieses Interview wurde geführt als Nina Geschka noch Sommelière in der Dichterstub’n am Tegernsee war. Mittlerweile hat sie in das Sternerestaurant „Schwarzreiter“ im Hotel Vier Jahrszeiten, Kempinski, München, Küchenleitung Meike Menzel, gewechselt
Zum Gespräch kommt eine strahlende junge Frau auf mich zu. Und obwohl Nina Kamp, die Sommelière des Hauses, für ihre Freundlichkeit bekannt ist – irgendwas ist heute Besonders: Richtig. Denn ich erfahre: Nina Kamp heißt jetzt Nina Geschka. Sie hat am Tag zuvor auf dem Standesamt in München Pasing geheiratet und dann „als Münchnerin mit Freunden ganz standesgemäß auf der Wiesn gefeiert.“ Die Hochzeitsreise wird noch nachgeholt, gerade jetzt hat das frisch getraute Paar, beide aus der Gastronomie, keine Zeit dazu. Aber für unser Gespräch ist Nina Geschka so frisch und charmant, wie sie ihre Gäste aus der Dichterstubn kennen.
Nina, Sie haben ja zunächst BWL studiert, wie sind Sie denn zur Gastronomie gekommen?
Ich bin schon vor dem Abi durch Jobs ein bisschen in die Gastronomie reingerutscht. Dabei habe ich gemerkt, dass mir das Thema Spaß macht, ich aber gerne ein bisschen mehr herausholen würde. Für das Studium Tourismusmanagement hat in München mein Notenschnitt nicht gereicht und ich wollte nicht weg. Also habe ich mich schließlich für BWL entschieden und mir gedacht: Alles andere kann ich auch in der Praxis lernen. Nach meinem Bachelor hab’ ich dann allerdings auch noch an der IHK als Externe die Prüfung zur Restaurant-Fachfrau abgelegt. So war ich mit 25 fertig mit Studium und Ausbildung und meine erste Anstellung hat mich zu Otto Koch in das damalige Sternerestaurant 181 im Olympiaturm geführt. Das war vor vier Jahren. Als Otto Koch dort aufgehört hat, war ich noch einige Zeit in der Käfer-Schänke in der Prinzregentenstraße und dann kam ich im März 2016 hierher.
Hut ab, das klingt ganz schön zielstrebig. Wann kam denn dann die Sommelière noch dazu?
Die Ausbildung dazu habe ich an der Kermess-UIW (Unabhängige Internationale Weinakademie) in München gemacht und mit dem Advanced Certificate Level Drei abgeschlossen. Und dann habe ich noch das dreijährige berufsbegleitende Studium zum Weinakademiker in Geisenheim absolviert, dass ich jetzt gerade abgeschlossen habe(ein modernes Studium aus einer Kombination von Unterricht, Unterrichtsmaterialien, Praxisstudium und Selbststudium, Anm. d. Red). Das wollte ich noch draufsetzen, einfach weil ich mein Wissen vertiefen wollte.
Ganz laienhaft gefragt: Was macht man denn in so einem Studium zum Weinakademiker?
Man muss auf jeden Fall sehr viel lernen. Da heißt es büffeln, büffeln, büffeln, morgens vor der Arbeit und eigentlich in jeder freien Minute – auch wenn man sicher nicht immer alles, was man lernen muss, täglich in der Praxis braucht. Zum Beispiel die Weinanbaugebiete in Rumänien, die für unseren Weinmarkt kaum eine Bedeutung haben. Trotzdem muss man für die Prüfung in Unit 3 – wenn es um alle Weinbaugebiete der Welt geht – alle Rebsorten in allen Ländern der Welt kennen und die unterschiedlichen Bodenbeschaffenheiten. Und natürlich muss man viel verkosten. Das ist am Anfang ziemlich schwer. Aber man lernt auch ein Schema, trainiert sich das an und irgendwann fällt es einem relativ leicht, auch einen unbekannten Wein zu analysieren.
Sich Wissen nur anzulesen reicht also nicht?
Ich kenne Leute, die sensorisch sehr gut sind und gut verkosten können, sich allerdings wenig mit Theorie beschäftigen. Aber es gehört eben doch beides zusammen. Im Weinakademiker Studiengang wird es übrigens auch separat geprüft. In der Theorie muss man in drei Stunden sehr viele Fragen beantworten, die alle in die Tiefe gehen. Und bei der Verkostungsprüfung muss man in zwei Stunden etwa zwölf Weine verkosten, komplett analysieren und dann seine Einschätzung zu Anbaugebiet, Alter, Rebsorten, Preisniveau und so weiter abgeben. Diese Prüfung war wirklich hart, danach waren wir alle fertig mit den Nerven. Bei mir hat die Verkostung zum Glück schon beim ersten Mal geklappt, die Theorie durfte ich ein Jahr später nochmal schreiben.
Profitieren denn auch die Gäste von Ihrem umfangreichen Wissen?
Ich denke durch mein großes Hintergrundwissen über Wein – Bodenbeschaffenheit beispielsweise wirkt sich ja auch auf Geschmack aus – kann ich schon noch besser auf die Bedürfnisse des Gastes eingehen. Aber im Umgang mit den Gästen gehören natürlich auch viele Softskills dazu, die man in der Sommelierausbildung nicht lernt: Einfühlungsvermögen, die Fähigkeit herauszufinden, was dem Gast schmeckt, auch wenn er kein Experte ist und seine Wünsche nicht „professionell“ formulieren kann. Aber wenn ich dann den für einen solchen Gast richtigen Wein gefunden habe und er strahlt: „Ah, das haben Sie aber gut getroffen!“ – dann strahle ich auch.
Beim Wein geht es ja auch um die Kombination mit den Speisen. Arbeiten Sie da mit Thomas Kellermann zusammen?
Zum Glück ganz eng. Wir vom Service-Team dürfen die neuen Gerichte immer als erste probieren. Ich kenne ja meistens schon vorab die Komponenten (durch die Namen der Gerichte) und mache mir erste Gedanken. Habe ich zum Beispiel Fenchel im Gericht, der sehr aromatisch ist, sollte der im Wein schon einen Gegenpart haben. Oder eine reichhaltige Soße, die braucht auch einen kräftigeren Wein. Dann überlege ich mir für jedes Gericht drei Alternativen, schenke uns die in kleine Gläschen und wir verkosten zusammen. Bei der Kombination von Fleisch oder Gemüse mit einer bestimmten Sauce können ganz kleine Nuancen entscheidend sein. Deswegen ist es auch wichtig, dass ich es immer weiß, sobald sich mal Beilagen ändern.
Können Sie ein Beispiel nennen?
Letzte Woche hat Herr Kellermann den Saibling, der momentan auf der Karte steht, mit etwas anderen Beilagen modifiziert. Davor hatte ich einen Riesling vom Weingut Dreissigacker dazu empfohlen, der bombastisch gut gepasst hat. Aber mit der Modifikaton brannte der plötzlich im Mund. Also habe ich einen grünen Veltliner Federspiel aus der Wachau dazu genommen. Der hat nur minimal weniger Säure – und passt perfekt.
Sie sind auch für den Einkauf und alles, was sonst zur Verwaltung des Weinkellers dazu gehört verantwortlich. Welche Aufgabe macht Ihnen denn am meisten Spaß?
Letztendlich der Moment am Gast. Wenn man wirklich herzliche Gäste hat und bei ihnen einen WOW-Effekt generieren kann, dann macht das richtig Freude. Schließlich ist das ja auch eine Wertschätzung meine Arbeit.
Es gab ja einige Veränderungen im letzten Jahr. Die sicher größte davon ist Thomas Kellermann als Küchenchef.
Also das war ein großes Glück. Einen so netten, charmanten und kultivierten Küchenchef hat man selten. Aber wir sind jetzt auch insgesamt ein tolles Team, meine Ausbildung ist abgeschlossen und ich kann mich voll auf unseren Wein fokussieren. Was will man mehr.
Na dann, war ja auch wirklich der perfekte Zeitpunkt um dem beruflichen Erfolg das private Krönchen aufzusetzen. Ich gratuliere nochmals herzlich!
Und jetzt sind beide auch wieder am selben Ort – was gerade in der Gastronomie doch jede Beziehung ein bisschen leichter macht 🙂
Hier mehr zu Nina Geschkas aktuellem Arbeitsplatz dem Restaurant Schwarzreiter