Marie Simon

Miss Handwerk

Die eine Blondine (Marie Simon) habe ich über eine andere (Julia Komp) kennen gelernt, weil beide eine gemeinsame Sendung im WDR haben. Beide legen Wert darauf nicht nur vor der Kamera hübsch auszusehen und stehen auch dazu. Eigentlich schon komisch, dass man darüber überhaupt nachdenken muss. Würde man bei einem Mann nie tun. Warum ich es dann hier überhaupt erwähne? Weil nicht nur Männer leider immer noch bei „blond und hübsch“ nicht sofort beim Thema Kompetenz sind – sondern auch einige (und leider gar nicht so wenige) Frauen dazu neigen, andere Frauen kritischer zu beurteilen, wenn sie sich blond und hübsch präsentieren. Das haben übrigens auch seriöse Studien festgestellt.  

Umso schöner finde ich, dass Julia Komp und Marie Simon, um die es im Folgenden gehen wird, so ganz eindeutig zeigen, dass sie vor allem eins sind: Junge Frauen mit einer Top-Ausbildung, großem Talent und gesundem Ehrgeiz.  

Die Karriere 

Marie Simon stammt aus einer Bäckerei-Familie. Sie ist die vierte Generation der Bäckerei Simon. Mit den Arbeitszeiten des Handwerks ist sie also wortwörtlich aufgewachsen. Mit 16 fing sie eine Lehre zur Fachverkäuferin im Nahrungsmittelhandwerk / Bäckerei im elterlichen Betrieb an. Danach entschloss sie sich zur zusätzlichen Ausbildung zur Konditorin. Wohlgemerkt Konditorin und nicht Bäckerin, weil „ich etwas machen wollte, was nicht so Papas Steckenpferd war.“ Zwei Jahre dauerte die Lehre, dann sammelte sie Erfahrung als Geselle in verschiedenen Betrieben und absolvierte Ende Januar 2013 die Meisterprüfung zur Konditorin – mit Auszeichnung. Und dann, Ende 2013auch gleich noch die Bäckermeisterprüfung. „Das waren kurze Kurse, aber dafür doppelt so knackig“, kommentiert sie bescheiden. 

Mit den Meisterbriefen in der Tasche ging es zurück in den elterlichen Betrieb, wo sie die neue Konditorei-Abteilung mit handgegossenen Schokoladen, hochwertigen Pralinen, Baumkuchen, Petit Fours, Macarons, sowie Hochzeits- und Mottotorten aufbaute. 

Deutschlands Beste Bäcker 

Aber 2014 wurde noch aus einem weiteren Grund zu einem Schicksalsjahr. Denn der Familienbetrieb nahm am Wettbewerb „Deutschlands beste Bäcker“ im ZDF teil  – und wurde Sieger. Damit war natürlich auch die erste mediale Aufmerksamkeit bei der jungen Konditoren- und Bäckermeisterin (damals 26 Jahre alt). Gemeinsam mit ihrem Vater und dem Produktionsleiter des elterlichen Betriebes veröffentlichte Marie Simon anschließend 2015  „Das große Buch vom Brot“ – das sich schnell zu einem Standartwerk entwickelte und 2016 mit der GAD Silbermedaille ausgezeichnet wurde. 

Überhaupt 2016!  

Marie Simon eröffnet gemeinsam ihre Mutter die Genussbackstuben“ an drei verschiedenen Standorten (zweimal Minden, einmal Porta Westfalica), in unterschiedlichen Größen angepasst an die jeweilige Location. Die Spezialitäten: frische Brote, raffinierte Torten und Feingebäck. 

Im gleichen Jahr wird Marie Simon aber auch Ausbilderin im Familienbetrieb, geht in den Vorstand der Bäcker-Innung Wittekindsland, tritt auf verschiedenen Branchen-Events auf und wird zur Miss Handwerk gewählt. Immer wieder gibt sie jetzt natürlich auch Interviews, auch als offizielle Repräsentantin ihres Handwerks in der Öffentlichkeit.  

WDR-Karriere 

„Lecker Ostern“, das „WDR-Backduell“ aber auch die Moderation des Championnats du Chocolat – Marie Simon erobert 2017 die ersten (eigenen) (TV)-Bühnen und startet 2018 gemeinsam mit Julia Komp, mit der sie schon für „Lecker Ostern“ vor der Kamera stand die WDR-Sendung „kochen + backen“. Es war die  erste WDR Sendung, bei der gekocht und gebacken wurde – UND bei der ausschließlich Frauen der Meisterklasse im Koch- und Backstudio in Bocklemünd, das extra für die beiden Frauen umgebaut wurdeOhne Julia Komp tritt im WDR-Backduell als Profi gegen Laien an.  

Drei Standbeine  zu Hause 

Diese Entwicklung  klingt nach Traumkarriere – bedeutet aber natürlich auch viel Arbeit. „Ich bin eigentlich ein Dreigestirn“, grinst Marie Simon. „Ich bin bei meinem Vater in der Produktion angestellt, zusammen mit meiner Mutter mit den drei Genussbackstuben selbstständig. Und dann das Fernsehen.“  

Das ist alles spannend und aufregend, aber es lässt auch nicht viel Zeit für andere Dinge – zum Beispiel zum Reisen. Kollegin und Freundin Julia Komp hat sich derzeit auf Weltreise begeben („Wann, wenn nicht jetzt“)  aber sie ist eben auch  (noch) nicht selbständig. Vermisst Marie diese Unabhängigkeit nicht? „Ach, ich bin gar nicht so sehr die Reisende“, erklärt sie. „Mittlerweile kenne ich zwar in vielen großen Städten Menschen, die ich besuchen könnte um mal in andere Welten hineinschnuppern. Aber ehrlich gesagt, bin ich zu Hause so ausgelastet, das ich das gar nicht brauche.“ 

Eigentlich wollte sie nicht ins Fernsehen 

Als die Familienbäckerei Simon für die Teilnahme an Deutschlands Beste Bäcker angefragt wurde, war Marie auch eigentlich gar nicht so begeistert. „Aber alle anderen haben ja gesagt, das wollte ich nicht der Buhmann sein“, erzählt sie . „Ich hab mich damals allerdings gefragt: „Wer will mich denn im Fernsehen sehen?“ Alle anderen Teilnehmer hatten beeindruckende Lebensläufe. Deutsche Meisterschaft, Weltmeisterschaft und was weiß ich noch. Und ich war gerade erst aus  der Meisterschule gestolpert.“ Heute denkt sie, dass letztendlich das gerade ausschlaggebend für den Sieg ihres Teams war „Ich bin im Endeffekt völlig unbedarft daran gegangen, denn ich hatte ja wenig zu verlieren, konnte daher ein bisschen rumexperimentieren – und habe zum Glück Johann Lafers Geschmack getroffen.“ 

Mit was denn? 

Marie erzählt: „Wir hatten zum Beispiel die Aufgabe Nussecken zu machen. Also dachte ich mir: Ok, wenn sechs Teams Nussecken machen, dann schmecken die am Ende alle ähnlich. Also haben wir salzige Nussecken gemacht. Ich habe einfach andere Nüsse verwendet, Käse und Salz mit reingenommen. Die Ecken mit weißer (statt klassich mit dunkler) Schokolade überzogen und die Form verändert. Mir war damals klar „Das gibt jetzt entweder die totale Bauchlandung oder er findet es gut. Und er fand es richtig gut“, grinst sie. 

Mehr Medien muss gar nicht sein 

Vielleicht gerade durch diese Einstellung ist sie auch sehr sympathisch am Boden geblieben und konzentriert sich bei aller Medienpräsenz auf ihr Kerngeschäft.: „Ich bin auch schon oft gefragt worden, ob ich nicht meinen eigenen Backchannel auf You Tube machen möchte. Aber ich bin nicht so die Person, die es braucht, jeden Tag mit der Kamera herumzulaufen. Ich betreue jetzt die Facebook und Instagram-Seiten meiner eigenen Firma und die meiner Familie. Es reicht mir schon, da immer überlegen zu müssen, was ich poste, was in die Stories kommt. Ich muss ja so ganz nebenbei auch noch produzieren. Und ich muss mich um meine Mitarbeiter kümmern. Damit bin ich eigentlich ganz gut beschäftigt.“ 

Und was isst die Konditorenmeisterin eigentlich selbst am liebsten? 

Die Antwort kommt in Sekundenschnelle: „Schokolade! Ich bin ein totaler Schokoholic!“ Und beim Brot? Da kommt sie ins Schwärmen:  „Ach, da kommt es immer darauf an, zu was man es isst. Einerseits mag ich unser ganz puristisches, westfälisches Graubrot sehr gerne. Aber auch Ciabatta geht immer, vor allem zu einem frischen Salat. Und dann haben wir natürlich auch unsere verschiedenen Vollkornbrote, auch Demeter oder mit selbst gequetschten Flocken. Da liebe ich die Auswahl. Oder ein Baguette, so mit klein gewürfelten Tomätchen und dann ab in den Ofen und zum Schluss einmal durch die Pfanne … Ach und natürlich den typisch westfälischen Pumpernickel!“ 

Ich kann dieses Schwärmen verstehen, denn beim ersten Culinary Ladies Abend während der EAT BERLIN im Februar 2019 war Marie nicht nur für einen Teil des Desserts sondern eben auch für die Brote zuständig und ich durfte daher live probieren.  

Mir bleibt bei so viel Leidenschaft und Engagement zum Schluss nur noch die Frage: Gibt es da derzeit überhaupt noch Träume und Wünsche? Und auch hier kommt die Antwort ganz schnell: „Mein Traum ist es, wenn es mal soweit ist, Familie und Business unter einen Hut zu bringen. Das ist mein größter persönlicher Wunsch.  Das kann ich nur ergänzen mit : „Liebe Marie, und ich wünsche mir, dass ich dann hier bei den Culinary Ladies darüber schreiben kann.“ 

www.marie-simon.de 

Bildnachweise: Bilderzeit