Caroline Zimmer verbindet den Pragmatismus ihres „gelernten“ Jobs als Molkerei-Ingenieurin mit der Leidenschaft für ihr Baby „Simply V“ . Sie ist heute Geschäftsführerin der E.V.A. GmbH, die unter der Marke Simply V pflanzliche Käse-Alternativen entwickelt, produziert und vermarktet. Wenn auch eine eigenständige Firma, ist die E.V.A GmbH als Teil der Hochland-Gruppe vielleicht nicht das klassische Start-Up aus dem Hinterzimmer. Doch die Entstehungsgeschichte, mitten im traditionellen Käseland Allgäu, ist nicht minder spannend als die eines kleinen Start-Ups. Und: Wer vielleicht selbst schon über die Entwicklung eines neues (Lebensmittel)Produktes nachgedacht hat, findet in diesem Gespräch wertvolle Anregungen.
Am Anfang war Hochland. Und dann?
Als modernes Nahrungsmittelunternehmen beobachtet Hochland den Markt natürlich genau, um Trends frühzeitig zu erkennen. Und da sind wir vor fünf, sechs Jahren ziemlich bald auf „vegan“ gestoßen. Anfangs waren natürlich alle skeptisch und meinten: „Was brauchen wir denn vegan, vegetarisch reicht doch.“ Aber weil wir die Potenz des Themas gespürt haben, haben wir weiter geforscht, auch im Ausland. Und eines war uns auch klar: Soja wollten wir nicht, also haben wir angefangen mit Nüssen zu arbeiten – und damit stand fest: In den Hochland-Gebäuden konnten wir nicht bleiben.
Wieso das denn?
Ganz einfach: Weil Nüsse Allergene sind. Und in einem Lebensmittelbetrieb dürfen sie nicht mal ein Snickers im Automaten in der Kantine haben. Wir mussten also raus, wussten aber zunächst nicht wohin und haben erstmal bei meinem Kollegen in der Küche zu Hause gearbeitet. Das war natürlich keine Dauerlösung, daher haben wir ein passendes Gebäude gesucht und dieses hier schließlich gefunden, in dem wir gerade sitzen. Hochland hat diese Produktionsstätte dann für die E.V.A. GmbH gekauft.
Was wurde hier vorher produziert?
(sie lacht) Das war ein ehemaliges Wildwerk. Hier wurden tiefgefrorene Hasen ausgeschlachtet und zu Fertiggerichten verarbeitet.
Was für eine Wandlung! Waren Sie da schon ein eigenständiges Unternehmen?
Nein noch nicht. Und es war auch das erste Mal, dass Hochland, eine Produktionsstätte gekauft hat, ohne überhaupt ein fertiges Produkt zu haben. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten wir ja nur einen Prototypen. Die Gründung war aber schon geplant, und im Mai 2015 wurde die E.V.A. GmbH schließlich gegründet.
Wofür steht E.V.A. eigentlich ?
Ernährungsbewusst, vegan, affin.
Sie haben also den Namen nicht bewusst gewählt, weil die Zielgruppe eher weiblich ist?
Also ich persönlich fand das tatsächlich ganz charmant, zumal die Zielgruppe tatsächlich mit 57 % mehr Frauen umfasst als Männer. Trotzdem gab es natürlich geteilte Meinungen dazu. Es hat sich aber sehr schnell eingebürgert – gerade weil es so einprägsam ist.
Wie haben Sie mit der Produktion begonnen.
Die ersten Produkte haben wir hier im Thermomix hergestellt, da waren wir noch ein wirklich klitzekleines Team. Von Anfang an mit dabei waren Dirk Herrmann und Marie-Luise Mahler, die als Produktentwickler maßgeblichen Anteil an der schnellen Umsetzung der Produkte hatten. Und wir waren hier ganz alleine, was aber eigentlich ein Vorteil war. Wenn Sie mit so wenigen Leuten in diesem riesigen Werk sind, dann bekommen Sie auch etwas zustande. Und so ist es uns gelungen, von Mai bis September 2015, also in Rekordgeschwindigkeit, vier Sorten Streichgenuss, unsere pflanzliche Frischkäse-Alternative, zu produzieren.
Wie haben Sie sofort Abnehmer gefunden?
Wir haben ihn zuerst in den Veganz-Supermärkten vertrieben. Die hatten damals noch Filialen rund um Berlin und eine in München. Wir haben in Windeseile Flyer produziert, einen Facebook-Auftritt gemacht. Dann hat uns Veganz wirklich sehr gepuscht und so waren wir sehr schnell in der veganen Hardcore-Gemeinde bekannt. Und dann passierte etwas Lustiges: Hochland hat eine Presseinformation versandt unter dem Titel „Hochland gründet eigene Gesellschaft für vegane Produkte“. Die Lebensmittelzeitung hat daraus aber gemacht. „Hochland landet veganen Überraschungscoup.“ Daraufhin haben alle großen Einkäufer bei Hochland angerufen, weil sie mehr darüber wissen wollten. Der Vertrieb hat sie dann alle an mich verwiesen, und damit haben sie alle bei mir angerufen, mit dem guten Namen Hochland im Hinterkopf. (sie lächelt) Das war keine schlechte Starthilfe.
Dennoch haben Sie nicht gedacht, dass jetzt alles automatisch läuft, sondern haben sich im Vertrieb von einem „alten Hasen“ geholt.
Ja, ich habe meinen ehemaligen Chef, Herrn Hartnagel gefragt, ob er uns beim Vertrieb unterstützen würde. Er ist ein alter Vertriebshase und war damals schon in Rente. Aber ich brauchte jemanden, da ich ja von Haus aus kein Vertriebs-Profi sondern Molkerei-Ingenieurin bin. Kurz: Herr Hartnagel war einverstanden. Also sind „der Rentner und die Blondine“ in einer großen Tour zum Handel gezogen. Das war schon außergewöhnlich. Der Rentner und ich kamen immer zu Präsentationen, wo junge Einkäufer erst mal abwartend vor uns saßen. Aber Herr Hartnagel war bekannt im Handel und stand natürlich auch dafür, dass das alles solide ist.
Von da an ging es für Sie Schlag auf Schlag. Listung bei Kaufland und Tegut. Im Juni schon die Scheiben gelauncht und nach zwei Jahren auch bei der Rewe gelistet.
Das war echt schnell, aber wir waren eben auch super-produktiv. Und wir konnten frei schalten und walten und uns nur darauf konzentrieren
Wie sind Sie denn da von der Produktion und vor allem auch der Personalstruktur hinterherhergekommen?
Es hat uns fast zerrissen, denn wir waren ja überhaupt nicht vorbereitet auf einen so großen Erfolg und mussten die Produktion sehr, sehr schnell aufbauen. Dazu benötigt man nicht nur sehr viel Know–how, sondern auch sehr viel Geld. Natürlich hat uns Hochland dabei geholfen. Als Investor hat Hochland der E.V.A. GmbH das Startkapital in Form eines Kredits gewährt, so dass wir Maschinen anschaffen und Leute einstellen konnten. Und das alles ging wahnsinnig schnell.
Und das Team? Sie brauchten ja nicht nur Leute in der Produktion?
Da kommt einem die Erfahrung auch zu Gute. Ich war 2017 Anfang 50 und hatte mir ein Team von Externen zusammengestellt, alles Geschäftsführer von Agenturen, mit denen ich schon vorher lange zusammengearbeitet habe. Da musste ich nur anrufen und bitten: „Machen Sie doch mal eine Marktforschung für uns!“ oder „Wir brauchen eine Presseaussendung“, und die wussten wie und worum es geht. Das war natürlich genial. Die Mitarbeiter hier sind zwar extrem jung, aber wir konnten bei vielen wichtigen Themen eben immer auf einen großen fundierten Erfahrungshintergrund auch von Externen zurückgreifen.
Ich denke, das ist auch wichtig, weil viele junge (eben auch Frauen) in dem noch immer brennenden Start-up-Fieber eine gute Idee haben, vielleicht auch noch Kredit bekommen oder auch eigenes Geld haben, dabei aber vergessen, dass schon noch ein gewisses Know–how und bestimmte Kontakte (insbesondere im Vertrieb) dazu gehören oder diese es zumindest deutlich leichter machen.
Ja, gerade wenn Sie sich entscheiden, in den deutschen Lebensmittelhandel einzutreten, dann haben Sie ja auch knallharte lebensmitteltechnische Vorschriften, die ebenso knallhart kontrolliert werden. Und wenn dann irgendeiner ohne Handschuhe rumläuft oder ohne Bartschutz, bekommen Sie ganz schnell große Probleme.
Aber auch der Vertrieb ist ja ein wichtiges Thema, das Marketing, das Packaging …
Ich denke, mit Profis ist es eben wortwörtlich professioneller von Anfang an. Aber ich glaube, einige Dinge kann man schon selbst zu Ende denken – wenn man bestimmte Marktkenntnisse hat: Was muss eine Verpackung erfüllen, was muss deklaratorisch drauf sein? Wie muss ein Facing im Regal aussehen? Wie reißen Sie einen Karton auf? Welche Materialstärke muss er haben? Welche B und C Welle brauchen Sie? Das war bei uns alles da.
Und wirklich keiner hat Ihnen hineingeredet?
Das habe ich schnell gelernt: Man muss von dem überzeugt sein, was man tut. Und es hat viele Stimmen gegeben, die gesagt haben. „Warum bleibst du denn nicht bei Hochland?“ „Warum machst Du denn jetzt das?“ oder „Wieso machst du denn jetzt Reibekäse, das ist doch ein Restprodukt, wo nur die Kanten verwertet werden – damit verdienst du doch kein Geld.“ Aber ich hatte immer ein sehr starkes Gefühl dafür, wann gerade der richtige Schritt für was war. Auch wenn ich mir den Rat von vielen angehört habe, die eine Meinung dazu hatten, konnte ich schließlich auch auf 20 Jahre eigene Erfahrung zurückschauen. Und ich hatte auch das Vertrauen der Hochland-Familie, allerdings mehr nach dem Motto „Caroline ist ja bekannt für ihre ungewöhnlichen Ideen, lassen wir sie jetzt mal machen.“
Was war denn so verrückt?
Wir konnten einfach die Dinge so machen, wie sie für uns am besten waren, ohne auf eine Konzernrichtlinie Rücksicht nehmen zu müssen. Wir konnten wirklich unser Ding machen. Diesen Freiraum haben wir ausdrücklich bekommen, und der Hochland-Vorstand hat uns immer den Rücken gestärkt.
Nur ein Beispiel: Wir haben die Möbel bei IKEA gekauft, was aber in der Konzernrichtlinie gar nicht vorgegeben ist, denn da gibt es eine sehr genau Richtlinie, wo die Möbel zu kaufen sind. Aber wir haben eben gesagt. „Das macht doch nichts. Dann machen wir es jetzt eben anders und gehen selbst einkaufen.“
Bei einem Wachstum von vier oder fünf Mitarbeiter auf heute fast 80 mussten Sie aber auch flexibel arbeiten.
Das war wirklich eine Herausforderung. Und das alles in drei Jahren! Das fing schon mit den Räumlichkeiten an, mit geeigneten Aufenthaltsräumen und Umkleiden!
Aber ist es nicht ein tolles Gefühl einen solchen Erfolg zu haben?
Natürlich. Wir konnten seitdem unseren Absatz überproportional steigern. Und wir wachsen immer noch. Wir schalten TV Werbung und wachsen weiter. Innerhalb von nur zwölf Monaten sind wir Marktführer geworden und haben mittlerweile einen Marktanteil von fast 80 Prozent im Segment der pflanzlichen Käse-Alternativen.
Erstaunlich, dass der Markt Euch so schnell angenommen hat. Der Lebensmittelhandel ist ja nicht immer so flexibel ...
Als wir anfangen haben, wusste der Handel tatsächlich erst gar nicht, wo er uns eigentlich platzieren sollte. Erst waren wir beim Wursteinkäufer, der hat natürlich gesagt: „Euer veganes Zeug interessiert uns nicht.“ Dann waren wir bei der Käseeinkäuferin, die meinte: „Das macht doch der Feinkostbereich.“ Aber wir haben auch gerade den richtigen Zeitpunkt erwischt, in dem der Handel angefangen hat, sich in der veganen Richtung aufzustellen – und so sind wir an Kunden wie Kaufland und Rewe gekommen.
Nochmal zurück zu den normalen Produkten. Sie sagten, Sie haben damals viel verkostet, bevor sie auf das Thema Nüsse bzw. Mandel gekommen sind.
Ja, das haben wir. Da gab es aber Produkte, da haben Sie schon Pickel bekommen, wenn Sie nur die Zutatenliste gelesen haben. Das war schlimm: Chemie ohne Ende, dafür kein Geschmack. Dann haben wir aber in den USA Produkte probiert, die schon mit Nüssen und Mandeln gearbeitet haben. Die USA sind in der vegan-kulinarischen Thematik tatsächlich ein Vorbild, was man gar nicht so denkt. Und mit den Nuss- bzw. Mandelprodukten hatten wir zum ersten Mal etwas gefunden, was man wirklich essen konnte. Also wussten wir: In diese Richtung müssen wir gehen. Denn wir wollten immer nur Produkte machen, die auch schmecken.
Sie betonen bei ihren Produkten auch, dass sie „milchfrei“ sind. Versteht sich das nicht von selbst bei veganen Produkten?
Eigentlich natürlich schon, aber wir haben festgestellt, dass die Betonung „milchfrei“ wichtig für den Verkauf ist, weil Milch eben leider auch nicht mehr skandalfrei ist. Dabei haben unsere Frischkäse-Alternativen die gleiche Funktionalität wie Frischkäse aus Milch. Sie können sogar Cheesecake daraus machen (persönliche Anmerkung: Ich liebe Cheesecace, musste es daher sofort ausprobieren und es schmeckt wirklich gut)
Ich habe ja verkostet. Die Genießerscheiben sind absolut vergleichbar mit Scheibenkäse, beim geriebenen Parmesan aus der Packung zur Bolognese gibt es keinen Unterschied, der Frischkäse und der Quark sind sehr vergleichbar mit den „normalen“ Produkten. Einzig der Reibekäse hat sich zwar gut über den Maultaschen gemacht, leicht gratiniert, zwischen meinen Kässpatzen hat er sich aber relativ schnell aufgelöst. Wer also vegan essen und auf Käse z. B. zum Überbacken nicht verzichten will, wird mit Ihren Produkten sehr zufrieden sein. Was vor allem auffällt, dass alle Ihre Produkte sehr bekömmlich sind. Aber mit gereiftem Käse und den vielen unterschiedlichen Käsesorten der Feinkost können Sie nicht mithalten.
Nein, natürlich nicht. Aber es geht bei uns ja nicht um Dogmatismus, oder Fundamentalismus sondern darum, dass wir unsere Ernährung ein bisschen hinterfragen. Und das Thema Milch bzw. eben keine Milch wird in den nächsten Jahren noch größer werden. Aber wir wollen schon jetzt eine Alternative beziehungsweise eine Ergänzung bieten. Wir brauchen nicht aus der Not heraus einen Ersatz, sondern eine schmackhafte und fröhliche Bereicherung der täglichen Kulinarik
Woher kommen eigentlich die Mandeln, die sie verarbeiten?
Wir verwenden ausschließlich Mandeln aus Kalifornien – und das aus gutem Grund: Nur kalifornische Mandeln sind zu 100 % süß, was für den Geschmack unserer Produkte ganz entscheidend ist. Der Anteil der bitteren Mandeln aus europäischen Anbaugebieten liegt zwar „nur“ bei 1 bis 2 %. Leider wirkt sich aber schon dieser kleine Anteil des Bitterstoffs nachteilig auf den Geschmack aus. Das haben wir ausführlich getestet.
Bei aller Erfahrung, die Sie und Ihr Team bündeln, ist Ihr schneller Erfolg dennoch außergewöhnlich. Wo liegt Ihr Erfolgsgeheimnis?
Zuerst einmal schmeckt Simply V einfach gut, das ist das allerwichtigste. Wichtig ist aber auch die Bildung einer Marke. Als wir angefangen haben, stand das Thema Ästhetik noch überhaupt nicht im Vordergrund. Das waren Reformhausprodukte, die haben eher traurig gestimmt, wenn man den Kühlschrank aufgemacht hat. Unser Anspruch war aber schon: Mache den Kühlschrank auf, sehe unsere Produkte – und dir huscht ein Lächeln über das Gesicht. Also „Wow“ mit Lebensfreude und Ästhetik verbunden.
Wie sind Sie also zu ihrem Markenbild gekommen?
Wir haben Marktforschungsstudien durchgeführt – und zwar teilweise mit unseren eigenen Leuten vor Ort. Wobei dann „vor Ort“ beispielsweise nicht im Lebensmittelmarkt und schon gar nicht in der veganen Szene war, sondern bei Besuchern einer Möbelausstellung, denen wir unsere ersten Produkte zum Verkosten gegeben haben. Wir, die wir in der Produktentwicklung waren, nicht irgendwelche Marktforscher! Als wir nach Hause gefahren sind, wusste jeder, was zu tun ist. Wir sind auch sehr schnell auf Messen gegangen und haben uns auch da persönlich den Menschen gestellt – ohne Messehostessen. Da hab‘ ich oft gehört: „Ach, Du bist das, die das macht? Cool, dass du selbst da bist.“ Wir haben auch sehr viel Social Media gemacht und mit Influenzern zusammengearbeitet. Die sind in diesem Bereich einfach wichtig.
Neugierige Frage: Wenn man Sie hier im Allgäu besucht, fällt natürlich auf. Es ist keine Großstadt hier und wir sind mitten im traditionellen Käseland, mit – ohne jemandem Unrecht tun zu wollen – doch eher konservativen Menschen (zumindest was die Ernährung angeht).
Das war eigentlich sehr lustig. Tatsächlich haben die Leute hier im Dorf zwar viel über uns aber zumindest nicht mit mir gesprochen. Oder sie haben hier geklingelt und gesagt. „Wir wollen mal den Chef sprechen.“ Und wenn ich dann gesagt habe: „Ja, das bin ich“, hieß es „Nee, das kann nicht sein. Sie sind ja eine Frau!“ Dann hatten die Stammtischgespräche wieder neue Nahrung und jeder hat gerätselt, was wir eigentlich machen.
Keiner wollte mal probieren?
Doch, offensichtlich schon. Denn wir haben dann den Automaten aufgestellt, der auch jetzt noch vor der Tür steht, und haben ihn mit unseren unterschiedlichen Produkten gefüllt. Am nächsten Morgen war er komplett leer. Wir waren so verblüfft, dass wir zuerst mal nachgeschaut haben, ob ihn einer aufgebrochen hat. Aber nein, es war alles bezahlt worden (sie lacht).
Kann es sein, dass einige auch dachten, dass Sie jetzt den Käsereien Konkurrenz machen, die ja sowieso leider immer weniger werden.
Wir sind ja in einem ganz anderen Feld unterwegs. Wir wollen gar kein „anstatt“ sondern ein „sowohl als auch“. Und wir wollen niemanden verändern. Wir haben auf einen Trend reagiert und machen so unser Ding und haben dabei unsere Werte. Und offensichtlich finden andere das auch gut.
Eine ganz andere Frage, die bei uns natürlich dazu gehört: Hatten Sie je das Gefühl gehabt, dass Sie sich als Frau schwerer tun?
Nein, das kann ich wirklich nicht sagen. Ich kenne Diskriminierung auch tatsächlich nur aus Erzählungen anderer. Ich glaube aber auch, dass ich gerade am Anfang meiner Berufslaufbahn viele männliche Attitüden adaptiert habe. Weiblichkeit in diesem Umfeld zu leben, wäre wahrscheinlich schwerer gewesen. Das habe ich aber nie bewusst wahrgenommen. Als Molkerei-Ingenieurin hatte ich aber natürlich auch einen technischen Beruf gewählt und habe mich in dem Umfeld der Technik immer sehr wohl gefühlt. Und wahrscheinlich war ich vom Typ her auch burschikoser und einfach zu handeln (für die Männer). Ich glaube aber schon, dass ich als Frau immer noch anders angesehen werde als ein Mann. Das ist mir aber erst viel später aufgefallen.
Inwiefern anders? Schwächer?
Nicht schwächer. Aber Unterschiede gibt es schon, z. B. ist grundsätzlich das Gehalt oft ein anderes. Das ist ja so der Klassiker, aber Frauen führen sicherlich auch anders. Wie ich meine Arbeit mache und sie nach außen präsentiere, ist sicherlich anders. Ich bin da nicht so strategisch orientiert und sage zum Beispiel einfach, was wir gemacht haben und dass das gut ist. Ich möchte einfach immer authentisch bleiben und ich muss sagen: Für mich ist das kein Nachteil gewesen. Ich konnte meinen Weg so gehen, wie ich war und wie ich bin, Das hat man mir glücklicherweise immer zugestanden, aber das mag eine Ausnahme sein.
Wahrscheinlich, aber es ist ja wichtig, unterschiedliche Lebens- und Arbeitsmodelle von erfolgreichen Frauen kennen zu lernen. Nur so kann man sich vielleicht für seinen eigene Weg das eine oder andere abschauen. Schon von daher danke ich Ihnen ganz herzlich für die Zeit, die Sie sich für dieses Interview genommen haben.
Alles über Simply V gibt es natürlich auf der sehr ausführlichen (und fröhlichen) Website