Im badischen Städtchen Sulzburg betritt man über eine wunderschöne Außentreppe das Hotel und Restaurant Hirschen Sulzburg, Douce Steiner. Und ist damit in einer Welt, die stark auf Tradition wurzelt und dabei die Leichtigkeit der Moderne ganz natürlich integriert hat. Douce Steiner ist derzeit Deutschlands einzige Köchin, deren Restaurant mit zwei Michelin Sternen ausgezeichnet ist. Doch ihr Erfolg liegt sicher nicht nur an dieser internationalen Wertung. Die tiefe Verwurzelung mit traditionellen Werten, weit weg von Langeweile, gepaart mit unaufgeregter Leichtigkeit prägt nicht nur den Küchenstil der Köchin Douce Steiner, sondern ebenso ihre so angenehm ruhige und freundliche Art, in der sie über gute und schwere Zeiten erzählt. Und in allem spürt man ihre große Liebe zu Ihrer Familie.
Sie haben, gemeinsam mit Ihrem Mann, den elterlichen Betrieb übernommen, in dem sie auch aufgewachsen sind. Standen Sie also schon als Kind mit am Herd?
Nein, gar nicht. Wenn ich geholfen habe, hatte ich Freitag und Samstag einen kleineren Gastraum im ersten Stock für mich. Dort habe ich die Gäste bedient inklusive meines eigenen Käsewagens. Von meinen Eltern bekam ich dafür 1 Mark 50, dazu noch ziemlich guten Tipp, das war also schon in Ordnung. Aber vor allem hat mir diese Zeit gezeigt: DAS mache ich später nicht. Es war mir einfach nicht kreativ genug. Heute bin ich gerne bei den Gästen, das muss man auch können und ich habe ich großen Respekt davor. Aber mir persönlich war es definitiv nicht kreativ genug. Damals wollte ich sowieso beruflich irgendetwas in Richtung Kunst oder Theater machen.
Was hat Sie dann von der Bühnen-Karriere abgebracht?
Als ich mit 16 einen sehr guten Realschul-Abschluss gemacht hatte, habe ich überlegt, ob ich weitermachen und dann eben studieren sollte. In der Zwischenzeit wollte ich mal sehen, wie ich mich so als Angestellte fühle und habe meinen Vater gefragt, ob ich mal sechs Wochen in der Küche mitarbeiten könne. Und diese sechs Wochen haben mir dann so sehr gut gefallen, dass ich beschlossen habe, doch eine Kochlehre zu machen.
Aber die damals bekannten Sternehäuser wollten Sie nicht nehmen? Weil Sie eine Frau waren?
Ehrlich gesagt, hatte das vor allem damit zu tun, dass (bis heute) viele Sternehäuser nicht ausbilden, zumindest nicht im Erst-Restaurant. Im Nachhinein habe ich hier zu Hause aber auch viel mehr gelernt. Denn in allen Sternhäusern wäre ich wahrscheinlich monatelang ans Frühstücksbuffet des Zweit- oder Hotelrestaurants verbannt worden. Ich habe auch nie Probleme gesehen bei einer Ausbildung im eigenen Haus. Vorher bin ich also noch drei Monate nach Oxford für einen Sprachaufenthalt und dann ging’s los.
War das nicht schwer, mit Vater und Lehrmeister in einem? Oder waren Sie die Prinzessin?
Zu beidem: Nein. Mit meinem Vater habe ich mich immer gut verstanden, er hat mich auch nie zu etwas gedrängt. Und Prinzessin war ich sicher nicht. Ich war damals der einzige Lehrling, das heißt, ich habe auch alleine den Herd geschrubbt und die Kühlhäuser sauber gemacht. Das gehört einfach dazu. Ich war mir ganz bewusst, dass ich in der Küche Lehrling und nicht Tochter war.
Nach der Lehre ging es nach Frankreich, eine eher schwere Zeit wie sie im Buch erzählt danach in die Traube Tonbach zu Harald Wohlfahrt und drei Sternen. Dort lernt Douce Steiner auch ihren Mann kennen. Sie gehen gemeinsam nach Heidelberg wo sie die Hotelfachschule besorgt, ihr Mann den Küchenmeister macht. Dann kommt die gemeinsame Tochter und damit war klar, dass das Paar in Deutschland bleiben und Hotel und Restaurant von Douce Eltern übernehmen würde.
Eine Übernahme vom Vater, der seit Jahren 2 Sterne gekocht hat, und dazu noch Familie, das stelle ich mir nicht leicht vor?
Im Bezug auf meinen Vater war das gar nicht schwer. Wir hatten immer sein sehr gutes Verhältnis. Vielleicht liegt das auch daran, dass wir uns einerseits sehr ähnlich sind, aber natürlich jeder seine eigene Arbeitsweise hat. Er ist in der Früh auf den Markt gegangen und hat dann mittags um 12 Uhr mal die Karte geschrieben. Das hat man aber damals auch so gemacht. Aber ich kann das gar nicht, dazu bin ich ein viel zu strukturierter Mensch. Was man aber auch nicht vergessen darf: Der Übergang ist sehr sanft gelaufen, hat insgesamt 10 Jahre gedauert. Und diese Zeit war auch nötig, bis jeder seinen Platz gefunden hat.
Und ganz so leicht wurde es Ihnen nicht gemacht. Die Kritiker waren skeptisch. Wie sich Douce Steiner gefühlt hat, nachdem Ihnen der zweite Stern 2009 genommen wurde, wie man gemeinsam mit dem eigenen Mann am Herd steht und warum Gastronomie nicht immer familienfeindlich ist, sondern, wie Douce Steiners Tocher findet, sogar manchmal zu einem engeren Familienzusammenhalt führt, das erzählt sie in meinem Buch „Frauen an den Herd“, das im Herbst 2018 im Christian Verlag erschienen ist. Ja, ich weiss Eigenwerbung. Aber ohne dieses Buch hätten die Culinary Ladies schon ein halbes Jahr früher starten können – da ist ein bisschen Werbung doch ok, oder?
Bildnachweis: alle Bilder Michael Wissing