Gastgebertum angeboren

Eva Herrmann, GF The Fritz, Düsseldorf

Sie bezeichnet sich selbst als leidenschaftliche Hospitalityexpertin, war schon als Mädel Chefin einer Jungsbande und ist fest in ihrem Glauben.

Wie alle Mitglieder der Culinary Ladies hat Eva Herrmann von uns einen Fragebogen erhalten, aus dem sie sich 10 Fragen aussuchen konnte.

Aber wie fast immer, gibt es bei vielen dieser tollen Fragen auch Antworten, bei denen ich einfach einmal nachfragen muss. Und so wurde auch dieser Fragebogen kurz mal zu einem Gespräch über christlichen Glauben – das hier nur kurz zusammengefasst wiedergegeben wird. Der vermeintliche Spannungsbogen zwischen diesem Glauben und dem beruflichen Streben nach dem Zeitgeist der zukunfts-weisenden Nachhaltigkeit, ist aber eben genau eines der Themen, die Eva Herrmann so wertvoll für die Culinary Ladies machen. Lest selbst.

Du bist heute Hospitality Consultant sowie Geschäftsführerin eines Hotels mit Sternerestaurant in Düsseldorf. Was macht Dich besonders?

Ich würde sagen, einerseits meine 35 Jahre Berufserfahrung und dass ich andererseits ein Allrounder für Gastronomie UND Hotellerie bin. Die meisten Kollegen können entweder das eine oder das andere besonders gut … .  (Ergänzung Culinary Ladies: Und dass Eva nicht nur immer wieder neue Ideen hat, sondern auch an die Umsetzung dieser Ideen mit sehr klarem Kopf geht.)

Erzähle uns kurz Deine Geschichte:

Ich bin in der Oberpfalz geboren und muss irgendwie das Gastgebertum im Blut haben. Ich habe mir nämlich schon im zarten Alter von 9 Jahren (ja, Kinderarbeit!) mein Taschengeld damit aufgebessert, dass ich für das Frühstück in einem kleinen Aparthotel bei uns am Ort verantwortlich war. Folgerichtig habe ich mich nach meinem Abitur für die Ausbildung zur Hotelfachfrau entschieden. Und zwar in den damals gerade neu eröffneten „Hotel Egerner Höfe“ am Tegernsee (5-Sterne-Hotel).

Dann kürze ich ab. Ich habe zusätzlich die Ausbildung zur Sommelière gemacht, in weiteren Stationen – immer in der gehobenen Gastronomie – gearbeitet und kam 1998 nach Oberfranken. Dort habe ich zusammen mit meinem späteren Mann, dem Fernsehkoch Alexander Herrmann, das gemeinsame Hotel und die Restaurants geführt. Als Geschäftsführerin war ich bis zu unserer privaten Trennung neben der professionellen Leitung des Betriebes für die Projekt- und Bauleitung vielfältiger Sanierungsmaßnahmen verantwortlich.

Die private Trennung hat dich aber nicht von der Branche getrennt.

Nein, Hospitality ist mein Leben, ich liebe meinen Beruf. Auf der Suche nach einer neuen Aufgabe bin ich dann auf Investoren aufmerksam geworden, die ein ganz neues Hotelprojekt mit Restaurant und Bar entwickeln wollten. Ich habe angefangen, mit diesen Investoren zu arbeiten, wodurch das Hotel THE FRITZ mit dem Restaurant FRITZ’s FRAU FRANZI in Düsseldorf entstanden ist. Dort bin ich verantwortliche Geschäftsführerin.

Eva Herrmann, GF The Fritz, DüsseldorfWas macht Dir heute am meisten Spaß in Deinem Beruf?

Das ist leicht: Einerseits mit Menschen umzugehen, denn das Peoplebusiness wird niemals langweilig und andererseits meinen vielen Ideen freien Lauf zu lassen und Hospitalitykonzepte zu entwickeln. Deswegen habe ich jetzt, da meine beiden Kinder erwachsen sind, noch eine eigene Firma gegründet. Mit „The Hospitality Experience“ biete ich weiteren Investoren oder Hotel- und Restaurant-Inhabern meine Kompetenz an, um deren Gastronomie oder Hotellerie effektiv in die Zukunft zu führen.

Und das ganz unabhängig von den Auswirkungen der Corana-Krise?

Ziel eines jeden Unternehmens ist es, gerade auch in der Hospitality, ein Projekt mit einem Alleinstellungsmerkmal zu betreiben. Ein sehr wichtiger Aspekt dabei ist für mich z.B. das Thema Nachhaltigkeit. Nicht einfach um einem Trend zu entsprechen, sondern sich um die Zukunft zu kümmern. Nachhaltigkeit mit all ihren Facetten wird aus meiner Sicht eine der größeren Herausforderungen „nach“ Corona für meine Branche. Dass der Wandel, der uns durch den „new greed deal“ der EU bevorsteht, für die Unternehmen gelingt, dabei will ich helfen.

Hast Du Vorbilder, wenn ja welche?

Ein Vorbild als solches habe ich nicht, aber Menschen, die mich inspirieren, natürlich schon.

Da war zum Beispiel meine Schwiegeroma Hertha Herrmann. Sie hat mir beigebracht, dass Glück eine Entscheidung ist. Für einen Menschen, der beide Kriege überlebt hat und zwei Kinder beerdigen musste, war sie außergewöhnlich glücklich und zufrieden. Das ist für mich eine Lebensleistung, die wahrlich nicht jedem gelingt.

Oder Madonna. Die Frau ist schlau und mega erfolgreich, gut aussehend und sicher nicht die beste Sängerin. Da aber zeigt sich, dass die Gesamtperformance stimmen muss … und dass der ein oder andere Tabubruch mal ganz interessant sein kann.

Und da wäre noch Esther aus dem Buch Esther in der Bibel. Auch eine starke Frau, die sich in Lebensgefahr begibt, um ihr Volk Israel zu retten. Sie muss unglaublich schön gewesen sein, außergewöhnlich klug, ihrem Gott ergeben. Für mich in Haltung und Würde kaum zu toppen.

Da du es auch hier erwähnst, als wir uns das erste Mal – in München – getroffen haben, war es ein Sonntag. Und Du warst vorher in der Kirche. Das ist heutzutage eher ungewöhnlich. Die Kirche steht ja auch viel in der Kritik.

Ach, dazu müssten wir viel mehr reden, aber vielleicht kurz: Wenn Du Deinen Glauben an Menschen (und damit an der Kirche) festmachst, funktioniert das nicht – Menschen können sehr enttäuschen. Den Glauben kannst Du wirklich nur an Gott selbst fest machen.

Als ich meinen zweiten Mann Roland kennenlernte und ihm so ein paar Bibelgeschichten erzählt habe, die ich besonders interessant finde, hat er mir wirklich stundenlang zugehört. Und dann meinte er, ich sei die erste in seinem Leben, die ihm die diese Geschichten so erzählt, dass er sie auch versteht.

Ich denke, das ist ein großes Problem: Die Leute lesen die Bibel und verstehen gar nicht, was sie da lesen, weil es ihnen z.B. zuhause oder auch in der Kirche nicht nähergebracht worden ist. Die Leute haben keinen Bezug (mehr) zu einem Geistwesen, das Gott heißt. Aber weißt Du was: Für mich existiert Gott. Er ist in dieser ganzen unsichtbaren Welt sehr präsent, und wer sich aufmacht, der wird ihn finden.

Komischerweise hat es der Buddhismus ja geschafft, auch für junge Leute hier im Westen so attraktiv zu sein, wie früher der christliche Glaube. Es ist total cool zu sagen: „Ich bin Buddhist“. Aber „Ich bin Christ“ sagt kaum einer. Dabei liegen die Werte doch gar nicht so weit auseinander?

Ich glaube das liegt vor allem daran, dass der Buddhismus offen lässt und die Kirche begrenzt. Das Christentum sagt oft: „Das ist Usus und das nicht“ und „Diese Linie sollst Du nicht überschreiten“. Das ist im Buddhismus nicht so. In unserer heutigen Welt sehen wir aber Begrenzung als Beschneidung und nicht als Orientierung. Dabei glaube ich, dass wir unser Leben in vielerlei Hinsicht besser gestalten könnten, würden wir uns ein bisschen mehr um Orientierung bemühen. Und übrigens steht in der Bibel auch nicht immer, dass etwas absolut nicht erlaubt ist. Im Gegenteil. Paulus zum Beispiel sagt ganz klar: „Es ist uns alles erlaubt, aber nicht alles ist uns dienlich“ – und darüber, finde ich, sollten wir auch heute viel öfter nachdenken. Ob wir wirklich alles haben müssen oder uns das ein oder andere vielleicht nicht gut tut und wir aus dieser Erkenntnis heraus dann darauf verzichten.

Nochmal zurück in die Branche beziehungsweise allgemeines zum Berufsleben, insbesondere für uns Frauen: Was meinst Du, müsste sich für Frauen ändern – oder müssen sich Frauen ändern / oder beides?

Aus meiner Sicht denken Frauen zu kompliziert. Da muss erst mal alles zu 120% stimmen, damit sie sich trauen, damit raus zu kommen. Manche Dinge entwickeln sich aber eben einfach mit der Sache und man kann am Anfang nicht alles wissen oder abschätzten. In dieser Beziehung würde aus meiner Sicht den meisten Frauen ein bisschen mehr Mut zur Lücke guttun. Darum denke ich übrigens schon, dass die Quote eine gute Sache ist …

Und man muss Dinge wollen! Wenn es eine tolle Position zu vergeben gibt, dann gehen Frauen zu selten proaktiv voran. Sich ins Rennen zu bringen ist aber Grundvoraussetzung fürs Weiterkommen. Frauen wollen gefragt werden … . Das ist ein Fehler! Unabhängig davon aber gibt es mittlerweile viele Frauen, die verstehen, wie Business funktioniert – die Culinary Ladies sind dafür Paradebeispiel!

Hast Du selbst je das Gefühl gehabt, es als Frau schwerer zu haben?

Tatsächlich nie. Ich bin als einziges Mädchen unter sehr vielen Jungs (zwei große Brüder, 7 Buben in der direkten Nachbarschaft und kein Mädchen außer mir), aufgewachsen. Ich hatte als Kind keine Puppe, aber viele Matchbox Autos, bin auf Bäume geklettert und war mehrfach Bandenführerin .-) … einer Jungsbande natürlich. Ich sag oft aus Spaß: „Ich bin eine optische Täuschung. In mir steckt ein ganzer Kerl.“ Und weil das so ist glaube ich fest, dass es zum großen Teil mit Erziehung zu tun hat, wie Frauen in unserer Gesellschaft agieren. Ich bin quasi als „Bub“ aufgewachsen und hab mich ganz einfach an meinen Kumpels orientiert.

Was ist für Dich Erfolg?

Ein selbstbestimmtes Leben zu führen.

Was waren/sind die wichtigsten Zutaten zu Deinem Erfolg?

Neugierig zu bleiben, mich zu interessieren, mich weiterzubilden. Und: ich hatte wohl auch immer die richtigen Menschen in meinem Leben. Wegbegleiter, Mitstreiter, Motivierer, Unterstützer … davon kann man wahrlich nicht genug haben. Meine Mama war da sicher die erste und wichtigste Person. Ihr Lieblingssatz: „Du machst das schon!“ Und wenn es mal nicht so lief, dann wurde mit „wär’s anders, wär’s noch schlechter“ oder „selten ein Schaden, der keinen Nutzen hat“ gleich wieder alles schön geredet … und weiter ging’s.

Bist Du schon mal so richtig gescheitert – und wenn ja, wie ging es weiter?

Scheitern gehört zum Leben dazu. Auch zu meinem. Aus meiner Sicht ist es nicht so wichtig, warum man gescheitert ist. Viel entscheidender ist, wie man weiter machen möchte. Natürlich sollte man dazu lernen und einen Fehler nicht zweimal machen, um nicht unnötig „Lehrgeld“ zu bezahlen. Hat man aber immer nur den Fehler im Blick, nimmt einem das die Kraft für die nötige Vision(en), die es nach dem Scheitern braucht.

Was waren bisher deine wichtigsten Learnings ?

  1. die ersten drei Monate meiner Lehre bei einem 3*** Koch vor 25 Jahren. Dort wurde mir gezeigt, wie man nicht mit Menschen umgehen darf. Kurz vor Ende der Probezeit habe ich an den Tegernsee gewechselt.
  2. meine sechsmonatige Reise als Backpacker mit 21 Jahren durch Asien. Dort habe ich die nötige Gelassenheit gelernt, ohne nachlässig zu werden.
  3. mein Glaube an Gott. Zu wissen, auch wenn ich falsch liege, liegt er immer richtig, gibt mir grenzenlose Zuversicht. Dabei läuft nicht immer alles „glatt“, aber es gibt immer mindestens eine 2. Chance … 😊

Vielen Danke liebe Eva – wir freuen uns auf viele spannenden Themen mit Dir.

Hier gehts zu Eva Herrmanns Hospitality Experience

Und noch ein paar Bilder zum The Fritz Hotel mit dem Restaurant „Fritz‘ Frau Franzi“

Fritz Frau Franzi Restaurant, Düsseldorf Fritz' Frau Franz, Düsseldorf