Obwohl Sommeliers in der gehobenen Gastronomie natürlich einen sehr hohen Stellenwert haben, beim breiten Publikum sind sie kaum bekannt. Jedenfalls, wenn man sie mit den vielen TV-Köchen vergleicht. Warum eigentlich? Weil Wein ein so kompliziertes (und teures) Thema ist, dass sich nur Spezialisten dafür interessieren? Hört und sieht man Conny Ganß in „Wir in Bayern“ im Bayerische Fernsehen zu, kann man das überhaupt nicht nachvollziehen. Mit ihr macht das Thema richtig Spaß – und genau deswegen habe ich mich mit Conny auch darüber unterhalten – weit weg von irgendwelchen Starallüren, was genau ihren Charme ausmacht.
Wie hat das mit dem Fernsehen bei dir eigentlich angefangen?
Irgendwann hat mich einer angeschrieben, der im Auftrag des Bayerischen Rundfunks für das Thema Wein eine junge Person gesucht hat, am besten weiblich , am besten lustig und wenn sie dann sogar noch was kann … . Eine Kollegin von ihm, eine Cutterin, die ich wiederum mal irgendwo kennen gelernt habe, hat mich ihm empfohlen. Sie hat gemeint, „die“ sei lustig, und „die“ würde man sich merken. Und ich hab’ gedacht: „Cool, schau an, man muss immer freundlich sein zu den Leuten, dann merken sie sich einen.“
Aber ganz so einfach, wie sich das viele vorstellen, ist es ja doch nicht vor der Kamera. Warst du gar nicht nervös?
Also ich bin da einfach hin zum Casting, weil sienatürlich erst mal sehen wollten, ob ich kameratauglich sei. Gedacht hab’ ich mir nur: „Wenn’s passt, dann passt’s.“ Und deswegen war ich dort auch genau so, wie ich immer bin.
Was musstest du denn machen?
Ich hatte ein paar Weine dabei, bin über die befragt worden und hab’ einfach erzählt – mit Freud’ und Spaß an der Sache. Da haben sie gleich gesagt: “Wunderbar, wir nehmen Sie.“ Und einen Monat später war die erste Sendung. Das war dann schon ein bisschen anders, so mit In-die-Maske-gehen, Verkabelt-Werden und Regieanweisungen.
Du bist live?
Ja. Und am Anfang haben sie mir gesagt: „Denk’ immer d’ran, du hast 6 Minuten, 50 Sekunden“ und ich dachte: „Ach das ist ja reichlich.“ Aber bei drei Weinen muss man schon ein bisschen Gas geben. Und dann war es am Anfang auch ganz neu: Wann komm ich dran? Wie muss ich mich hinsetzen? Wann sieht man den Funk im Ohr und ich muss mich drehen …
Also doch aufgeregt?
Ganz ehrlich, ich war tiefenentspannt. Denn in der Gastronomie, insbesondere bei Events hast du oft mehr Stress und musst viel mehr koordinieren. Die Fernsehleute, DIE waren am Anfang nervös. Versteh’ ich natürlich auch, sie wollen ja eine gute Sendung abliefern und kannten mich noch nicht. Also mussten sie jedes Detail mit mir, die ich ja noch nie vor der Kamera stand, durchsprechen. Aber ich hab’ nur genickt: „Alles klar, ich hab’s schon verstanden.“ Also haben wir losgelegt und eins, zwei, drei war’s passiert. Um 17.30 Uhr bin ich raus aus dem Studio, mein Handy hat geklingelt und meine Mama hat gemeint: „Gut hastas g’macht.“ Dann hat’s ja gepasst (sie lacht)
Dann bist du aber echt ein Glücksfall. Ich hab’ ja lange selbst beim Fernsehen gearbeitet und oft benehmen sich die Leute komplett anders, sobald die Kamera angeht. Entweder es verschlägt ihnen die Sprache – oder sie werden total künstlich.
Neee, ich hab’ mich ja sicher gefühlt. Ich weiß ja, dass ich das, was ich da machen soll, wirklich kann. Sie haben mir schließlich keine Aufgabe gestellt, bei der ich irgendetwas anderes machen sollte als sonst in meinem Berufsleben. Ich erzähle über die Weine, die wir an dem Tag vorstellen, so wie ich es immer mache.
Kannst Du bestimmen, welche Weine du vorstellst?
Ja, deswegen hat es mich auch so gefreut, diese Möglichkeit zu haben. Gleich das erste Thema waren Winzerinnen, das hatte ich mir gewünscht. Also hatte ich die Weine von Julia Bertram dabei und die von Theresa Breuer. Die kenne ich ja aus meiner „normalen“ Arbeitswelt. Ich fand es einfach cool, sie jetzt mit eigenen Worten vorstellen zu können. Und das Schönste ist natürlich, wenn sie mich dann anrufen und sagen: „Danke Conny, es kommen schon Bestellungen rein.“
Wo liegen denn die Weine, die du vorstellst, preislich?
Gerade für das Thema Preis auch ein bisschen Verständnis zu bewirken, das macht mir in der Sendung auch Spaß. Den Leuten einerseits zu zeigen, dass es vielleicht auch gute Weine unter 10 Euro gibt, die schmecken. Ihnen aber andererseits auch zu vermitteln, dass sie ein bisschen aufpassen müssen und schon ein paar Kriterien erfüllt sein müssen. Sonst sind auch die vermeintlich günstigen sieben Euro viel zu viel Geld. Oder auch 2,99.
Was sind das für Kriterien?
Zum Beispiel, dass man nicht für unter fünf Euro einen als Biowein klassifizierten Wein kaufen kann, der alle Richtlinien erfüllt und dann noch eine Identität hat. Da ist dann einfach das Maximum an Masse ausgereizt und es steckt keinerlei Philosophie des Winzers mehr dahinter. Ich will jetzt nicht schlecht über bestimmte südliche Regionen Europas spreche, aber manchmal kann da einiges einfach nicht mehr stimmen. Denn schließlich muss auch die Flasche selbst gezahlt werden, das Abfüllen, das Etikett, Zölle. Und dann kostet die Flasche 2,99, das kann nicht funktionieren. Und wenn das Bio-Zeichen dann nur vergeben wird, weil sie nicht spritzen – was im Süden mit viel Wind und Sonne deutlich leichter ist – das aber das einzige Kriterium ist, dann muss ich sagen: Bio ist ganz was anderes. Das müsst ihr euch einfach klarmachen! Das sind Themen, die ich den Zuschauern auf den Weg geben möchte.
Wenn du das so leidenschaftlich vermittelst wie gerade, sollten sie es verstehen 🙂
Bekommst Du auch Zuschauerreaktionen?
Ja (sie lacht). Die beste Mail hab’ ich gleich nach meiner ersten Sendung bekommen. Da war ich auch ehrlich gesagt, schon sehr gespannt, ob jemand reagiert – und prompt hat mir einer sehr nett geschrieben, ich sei die schönste Frau der Welt!
Wie schön!
Ja, aber im Ernst. Einmal hat mir eine Zuschauerin aus Berlin geschrieben, dass sie per Zufall in den BR gezappt habe und „noch nie so lange auf diesem Sender hängen geblieben“ ist. Das freut einen natürlich wirklich.
Kritik kommt keine?
Doch , aber sehr sachliche. Einmal hat mir ein Zuschauer ganz berechtigt geschrieben, dass ich mich nicht klar ausgedrückt hätte. Ich habe darüber gesprochen, dass es manchmal nichts bringt, wenn ein Winzer auf seiner Parzelle nicht spritzt, aber beide Nachbarn es tun. Und dafür hatte ich als Beispiel Südtirol genommen, mit seinen vielen Obstplantagen. Aber natürlich kann Südtirol auch ganz anders und ich hatte ja sogar einen Biowein aus Südtirol in der Sendung, der eben das genaue Gegenteil zeigen sollte. Aber die Kritik hat mir gezeigt, dass man das im Fernsehen doch sehr präzise unterscheiden muss. Andererseits: toll, dass die Zuschauer so gut zuhören!
Die Resonanz auf deine Sendung zeigt doch eigentlich auch, dass Wein im TV funktioniert. Warum glaubst Du, dass es so wenige Formate zum Thema Wein gibt?
Ich glaube, das hat ein bisschen damit zu tun, dass es bei Wein ja um Alkohol geht. Dabei will ich ja auch niemandem sagen: „Trinkt, trinkt, trink!“ Vielmehr will ich ja gerade den Genuss vermitteln, damit die Zuschauer ihr hart verdientes Geld richtig einsetzen, nicht damit sie sich ordentlich betrinken.
Aber in Kochsendungen wird doch auch immer ein Glaserl Wein getrunken?
Ja schon, aber es ist eben doch ein Unterscheid, wenn sich alles nur um Wein dreht.
Ich dachte immer, es liegt daran, dass „Kochen“ jeder versteht und Wein für viele zu kompliziert ist – alleine schon: „Wie soll man denn einen Wein beschreiben?“ oder „Was muss man denn da alles wissen?“
Klar, die Kochshows, diese Zaubershows, sind eher greifbar. Beim Wein denken viele, sie müssten besonders gebildet oder sie könnten sich guten Wein gar nicht leisten. Ich höre auch wirklich sehr oft: „Wie fällt dir denn zu einem Wein so viel ein, das könnte ich gar nicht!“ Aber ich möchte den Leuten eben zeigen, dass es nicht darum geht, in ein Glas rein zu riechen und dann 15 Aromen zu nennen. Und man muss auch nicht das nachplaudern, was einem ein anderer vorerzählt. Aber man kann sich langsam rantasten, das macht sogar Spaß.
Das ist ja eigentlich dann wieder ähnliche wie beim Kochen, da geht’s auch um üben, üben, üben.
Ja, aber das Schönste daran ist doch die Leidenschaft, der Genuss. Es macht Spaß wieder zu entdecken, was Genuss eigentlich ist. Dazu gehört auch der gemeinsame Genuss, zusammen eine schöne Zeit zu haben. Aber auch zu erfahren, mit welcher Leidenschaft die Winzer das machen, dass sie ihren Beitrag leisten für die Natur, für Biodiversität, die Geschichten, die hinter vielen Winzerfamilien stecken – das alles ist doch das Faszinierende am Thema. Und wenn Leute dann in den Urlaub fahren und es in einem Weinbaugebiet selbst erleben – DAS ist für mich doch viel wichtiger, als wenn einer jeden Wein zu Tode analysieren kann.
Du hast ja auch lange im Restaurant gearbeitet und heute bei Veranstaltungen. Wie groß ist denn das Weinwissen der Gäste?
Ganz unterschiedlich, aber das ist doch auch egal. Im Restaurant geht es darum, den Leuten ein wunderbares Erlebnis zu bieten. Die Küche kocht, wir bereiten das Restaurant und den Wein vor, jeder trägt etwa dazu bei, dass sich der Gast wohl fühlt. Und mir macht es Spaß gerade bei Gästen, die noch nicht so viel wissen, die Blase aufzubrechen und ihnen ein wunderbares Erlebnis zu bieten.
Kein Gast muss sich im Wein auskennen. Vielleicht ist er ja der Mensch, der meine Steuer macht, in dem Thema kenne ich mich überhaupt nicht aus. Und wenn er dann in meine Welt kommt, dann will ich ihm das Beste geben. Er hilft mir in seinem Thema und ich ihm eben beim Wein und so ergänzt sich das. Die Blase aufzubrechen und den Leuten das Beste zu geben, das ist das Schönste an unserem Beruf.
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